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Dialog der Kulturen - Aktuelle Projekte des Goethe-Instituts Das deutsch-irakische Musiktheater "Egmont im Irak"

Was macht Beethoven in Bagdad? Und was verschlägt Goethes Trauerspiel "Egmont" in den Irak? Die Antwort gibt ein deutsch-irakisches Musiktheaterprojekt des Goethe-Instituts, das in der irakischen Metropole im Juni dieses Jahres Premiere hatte.

Egmont im Irak - Szenenbild | Bildquelle: © Laid Ziyad

Bildquelle: © Laid Ziyad

Promo-Video Goethe-Institut

Einblicke in "Egmont im Irak"

Der Grund hierfür war das große Jubiläums-Jahr 2020, als die ganze Welt den 250. Geburtstag Beethovens feiern wollte. Auch das Goethe-Institut, das unter dem Motto "The Other Beethoven(s)" eine außereuropäische Annäherung an den deutschen Komponisten suchte. Mit der Covid-19-Pandemie kam alles anders, doch "Egmont im Irak" konnte nachgeholt werden in einer Zusammenarbeit des Goethe-Instituts Irak mit dem dortigen Kulturministerium - es ist das erste Projekt nach zwei Jahren Zwangspause. So ist ein westöstlicher Dialog mit Goethe und Beethoven entstanden, geeint unter dem Gedanken der Freiheit und Weltoffenheit. Und realisiert mit einem deutsch-irakischen Team, das einen neuen Blick gewagt hat auf Goethes 1789 uraufgeführte Drama "Egmont" und Beethovens 1810 vollendete Schauspielmusik hierzu. Übersetzt ins Arabische und ergänzt um zeitgenössische arabische Texte der Autorin Rania Al Bayati. Und mit neuen Musikpassagen von dem niederländischen Komponisten Hans Rotman.

Je mehr Konzerte wir spielen, desto weniger Autobomben gibt es.
(Karim Wasfi)

Egmont im Irak - Bühne mit Orchester | Bildquelle: © Laith Ziyad Bildquelle: © Laith Ziyad Dabei ist der Stoff des "Egmont", der vom Aufstand der Niederländer gegen die spanische Herrschaft im 16. Jahrhundert handelt, bis heute aktuell. Im Zentrum steht die Idee der Freiheit und wie sie verloren gehen kann - für viele Menschen im Irak besitzt die hier thematisierte Erhebung gegen Unrecht symbolische Kraft und zeigt Parallelen zum eigenen Alltag in einem Land, das sich nach Frieden sehnt und nach gesellschaftlichem Erwachen. Die zehn irakischen Schauspielerinnen und Schauspieler jedenfalls fanden bei ihrer Zusammenarbeit mit der Hamburger Regisseurin Astrid Vehstedt sofort einen Zugang zum Stück. "Was damals geschah, könnte heute genauso wieder passieren. Auch hier wird eine Gruppe von Menschen unterdrückt", meinte einer der Schauspieler.
Astrid Vestedt hat zuvor schon Erfahrungen im Irak sammeln können, hat Theaterworkshops gegeben und das „Egmont“-Projekt in über zweieinhalb Jahren vorangetrieben, unterstützt vom ehemaligen Leiter des Goethe-Instituts Irak, Thomas Kössler. Für die eigentliche Probenarbeit blieben dann aber nur drei Wochen. Eine große Herausforderung, die echtes Teamwork erforderte: von der Kostümbildnerin Pia Wessels, die Tage an der Nähmaschine saß, bis zu Komponist Hans Rotman und Astrid Vehstedt, die das Orchester schon mal mit anleiteten.

Kultur ist stärker als Terror
(Karim Wasfi)

Der Dirigent Karim Wasfi | Bildquelle: © Laith Ziyad Der irakische Dirigent Karim Wasfi | Bildquelle: © Laith Ziyad Auf musikalischer Seite dabei waren das 1944 gegründete "Irakische Nationale Symphonieorchester" INS, das aus Studierenden und Profis besteht, und der irakische Cellist und Dirigent Karim Wasfi. Er machte vor einigen Jahren Schlagzeilen, als er nach Anschlägen in Bagdad in den Bombenkratern Cello spielte - "Kultur ist stärker als Terror" lautet bis heute die feste Überzeugung des Musikers. 2008 gründete er die Initiative "Frieden durch Kunst", um die irakische Jugend zu fördern, Traumatisierungen durch Musik zu heilen und die Kultur in jenen Regionen wiederzubeleben, die vom IS befreit werden konnten.

Zum allerersten Mal wurde Beethovens gesamte Bühnenmusik zu „Egmont“ im Irak aufgeführt, eine erstaunliche Leistung angesichts der knappen Probezeit. Und auch die Zusammenarbeit der arabischsprachigen Schauspieler mit dem INS in einem gemeinsamen Projekt hat es so im Irak noch nie gegeben.
Die Einstudierung von "Egmont im Irak" jedenfalls wurde von allen Beteiligten als große Bereicherung empfunden. Dabei war es spannend, die Denk- und Arbeitsweise auf deutscher wie irakischer Seite kennenzulernen. Und dass es im Irak einen großen Hunger nach Kultur und kulturellem Dialog gibt, zeigte die Resonanz auf die Premiere. "Am Ende waren wir vor allem beeindruckt, wie viele junge Leute in das Stück kamen", resümiert die Leiterin des Goethe-Instituts Irak, Anaïs Boelicke, "es traf den Nerv der jungen Szene von Bagdad".

Neues Sendungsformat

"Dialog der Kulturen - Aktuelle Projekte des Goethe-Instituts" heißt ein neues Format, das künftig viermal im Jahr im "Basar" zu hören sein wird. Darin geht es um die internationale Arbeit des Goethe-Instituts in seinen verschiedenen Ländern.

Sendung: "Basar - Das deutsch-irakische Musiktheater 'Egmont im Irak'" am 2. Oktober 2021 ab 23:05 auf BR-KLASSIK

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