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Späte Ehrung für Friedelind Wagner Bayreuth ändert umstrittenen Straßennamen

Weil er klar als antisemitisch gelten muss, will Bayreuth Hans von Wolzogen nicht länger mit einem Straßennamen ehren. An seine Stelle rückt nun eine mutige Frau: Friedelind Wagner. Die Entscheidung hat Jahre gebraucht.

Die Hans-von-Wolzogen-Straße in Bamberg wird jetzt in Friedelind-Wagner-Straße umbenannt. | Bildquelle: BR / Markus Feulner

Bildquelle: BR / Markus Feulner

Antonia Goldhammer, Journalistin beim BR und gebürtige Bayreutherin, freut sich, dass angesichts der vielen Namensdebatten, die geführt werden, auch noch mal ein Blick auf die Hans-von-Wolzogen-Straße geworfen wurde.

Neun Jahre Bemühen um Änderung des Straßennamens

Es habe ja schließlich lange genug gedauert, findet Goldhammer. 2013 sollte der Bayreuther Stadtrat das erste Mal darüber abstimmen, die Hans-von-Wolzogen-Straße, ein wenig unterhalb des Bayreuther Festspielhauses gelegen, umzubenennen. Damals wurde der Vorschlag abgelehnt. "Ich war damals echt traurig, dass es abgelehnt wurde", erinnert sich die Journalistin, "einfach nur mit der Begründung, dass die Anwohnenden ihre Adressen dann ändern müssen."

Ende März 2022 war der Bayreuther Stadtrat mutiger und fällte die Entscheidung einstimmig. Aus der Hans-von-Wolzogen-Straße wird die Friedelind-Wagner-Straße. Oberbürgermeister Thomas Ebersberger findet das richtig. Und nach den Anträgen in den letzten Jahren, sei es jetzt auch an der Zeit gewesen, die Straße umzubenennen: "Zumal auch Friedelind Wagner eine der wenigen ist aus der Wagner-Familie, nach der noch keine Straße benannt ist."

Von Wolzogen verbreitete rassistisches und antisemitistisches Gedankengut

Richard Wagner in Haus Wahnfried in Bayreuth'. (v.li. Cosima Wagner, Richard Wagner, Franz Liszt und Hans von Wolzo- gen). Gemaelde, 1882, von Wilhelm Beckmann | Bildquelle: picture-alliance / akg-images | akg-images Hans von Wolzogen zu Gast bei Richard Wagner in Haus Wahnfried: v.li. Cosima Wagner, Richard Wagner, Franz Liszt und Hans von Wolzogen. | Bildquelle: picture-alliance / akg-images | akg-images Die Idee für die Umbenennung hatte Antonia Goldhammer schon im Jahr 2009. Damals beschäftigte sie sich während des Theaterwissenschaftsstudiums mit Wagner-Rezeption. "Und da stößt man sehr schnell auf Hans von Wolzogen. Er hat die so genannten Bayreuther Blätter herausgegeben. Das war das Sprachrohr des Bayreuther Kreises, was so eine Art esoterische Wagner-Sekte war." Von Wolzogen schrieb Texte, so Goldhammer, die darauf abzielen sollten, Wagner anderen vermeintlich geistesverwandten Strömungen zugänglich zu machen. "Und das war eigentlich durch die Bank: völkisch-nationales, rassistisches, antisemitisches Gedankengut."

In Sven Friedrich, dem Leiter des Richard Wagner Museums fand sie einen Verbündeten, der das Anliegen in den Stadtrat brachte. Erstmals vor neun Jahren. Beider Beharren hat sich gelohnt. Die Alternative Friedelind-Wagner-Straße sei großartig, freut sich Friedrich.

Friedelind Wagner ist der Beweis dafür, dass man nicht zwingend ein Nationalsozialist sein musste, um zur Familie Wagner zu gehören.
Sven Friedrich, Leiter Richard Wagner Museum Bayreuth

Friedelind Wagner verließ Nazi-Deutschland und ihre Familie

Winifred Wagner und Kinder 1938: Familienbild Winifred Wagner mit den Söhnen Wieland (stehend) und Wolfgang und den Töchtern Friedelind (rechts) und Verena (links). Foto, 1938 | Bildquelle: picture-alliance / akg-images Familienbild von 1938: Winifred Wagner mit den Söhnen Wieland (stehend) und Wolfgang und den Töchtern Friedelind (rechts) und Verena (links) | Bildquelle: picture-alliance / akg-images Die Enkelin Richard Wagners, geboren 1918, konnte sich mit der Nähe ihrer Familie, besonders ihrer Mutter Winifred zu Hitler und dem Nationalsozialismus nicht anfreunden. Sie ging ins Exil. Sich von ihrer Mutter loszusagen, von ihren Geschwistern und von der Villa Wahnfried, dem Zuhause der Wagners, das ist für den Museumsmann Friedrich eine starke Geste. Im Exil schrieb Friedelind Wagner ihr Buch "Nacht über Bayreuth", in dem sie die Jahre bis zu ihrer Emigration schilderte. Das Buch brachte ihr den Ruf einer Nestbeschmutzerin ein. Und so gesehen hat die Stadt Bayreuth noch etwas an Friedelind Wagner gutzumachen, findet Sven Friedrich: "Denn als sie aus dem Exil wiederkam, wurde sie in Bayreuth schlecht behandelt und als Vaterlandsverräterin beschimpft."

Selbstverständlich hat Bayreuth eine Verantwortung und nimmt das auch an.
Thomas Ebersberger, Oberbürgermeister Bayreuth

Das mit der historischen Verantwortung sieht man in Bayreuth mittlerweile auch so. Auch Dank neuerer Forschungsergebnisse. Von Wolzogen bekam seine Straße 1938 gewidmet. Die Bewertung seines Tuns hat sich geändert, meint Thomas Ebersberger. Nun wird Friedelind wie ihre Brüder Wieland und Wolfgang in Bayreuth geehrt und bekommt eine schmucke Straße im gediegenen Viertel am Fuße des Festspielhügels.

Sendung: Leporello, 14. April 2022 um 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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