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Buchtipp - "Claude Debussy – Briefe an seine Verleger" Aufschlussreich und authentisch

"Wenn es eine Konstante in seinem Leben gab, dann war es die Widersprüchlichkeit", schreibt Bernd Goetzke in den von ihm jetzt in Buchform herausgegebenen Briefen Claude Debussys an seine Verleger. Debussy war ganz offensichtlich kein einfacher Zeitgenosse - mit schwachen Nerven und starkem Willen. Aus Anlass des 100. Todestages des Komponisten in diesem Jahr ist dieses Buch erschienen, das auch als Biografie gelesen werden kann.

Buch-Cover: "Claude Debussy – Brief an seine Verleger" | Bildquelle: Olms Verlag

Bildquelle: Olms Verlag

Der Buchtipp zum Anhören

"Ich bin hier wieder zurück bei meinem alten Freund, dem Meer; es ist immer noch unendlich und schön. Dies ist wirklich der Teil der Natur, der uns am besten wieder zurechtrückt", schreibt Debussy in einem dieser Briefe. Der Komponist liebte das Meer. Oft hielt er sich sommers über im ältesten französischen Seebad in der Normandie auf - zur Erholung vom Pariser Leben und um ungestört zu komponieren. Sein Orchesterwerk "La Mer" ist das berühmteste klingende Zeugnis dieser besonderen Beziehung zum Meer. Immer wieder beschrieb Debussy in Briefen an seinen Verleger und Freund Jacques Durand seine Eindrücke während seiner Aufenthalte in der Normandie.  Und vertröstete ihn über ausstehende Werke: "Was die Musik anbetrifft … ich habe zur Zeit drei verschiedene Schlüsse für 'Iberia'. Soll man eine Münze werfen oder einen vierten suchen? …"

Musik als Darstellung des Lebens

Debussy war ein sehr langsamer und skrupulöser Komponist, der lange mit sich um die ideale Gestalt seiner Werke gerungen hat. Etliche blieben auch unvollendet. Davon geben die Briefe dieses Bands beredte Auskunft und erlauben Einblicke in die Kompositionswerkstatt des bedeutendsten musikalischen Impressionisten - ein Begriff übrigens, den Debussy mit Vehemenz für sich ablehnte: "Man hat auch meinen Freund Maeterlinck als belgischen Shakespeare bezeichnet. Die Leute lieben so hochtrabende Bezeichnungen. Soweit es um mich geht, kann ich Ihnen nur sagen, dass es meine vorrangige Ambition in der Musik ist, diese an eine Darstellung des Lebens selbst aus größtmöglicher Nähe heranzuführen."

Ein Künstler ist definitionsgemäß ein Mensch, für den der Traum Normalität ist.
Claude Debussy

Debussy, der Außenseiter

Beim Lesen von Debussys Briefen erkennt man, dass die Einzigartigkeit seiner Tonsprache durchaus mit der Pflege seines Außenseiter-Images als Mensch korrespondiert. So eng die Anteilnahme am Leben seiner Freunde war - dazu zählte auch sein Verleger Durant - so kühl und distanziert konnte er zu anderen sein. "In meiner Umgebung hält man hartnäckig daran fest, nicht zu verstehen, dass ich niemals in der Realität der Dinge und der Menschen habe leben können", sagt Debussy selbst dazu. "Im Übrigen ist ein Künstler definitionsgemäß ein Mensch, für den der Traum Normalität ist und der zwischen Phantomen lebt .…"

Aufschluss über den Schaffensprozess

Claude Debussy - Fotographie, koloriert | Bildquelle: picture-alliance/dpa Claude Debussy | Bildquelle: picture-alliance/dpa Interessant sind Debussys Briefe, die Bernd Goetzke mit ausführlichen Anmerkungen versehen hat, natürlich vor allem in Bezug auf viele seiner Werke; etwa wenn er über die Entstehung von "Iberia" oder die intensive Beschäftigung mit den Erzählungen von Edgar Allan Poe und die Vertonung des "Untergangs des Hauses Usher" berichtet, die er nicht mehr vollenden konnte. "Ich arbeite soviel es mir möglich ist", erläutert der Komponist. "Wenn mir die Darstellung der fortschreitenden Angstzustände gelingt, die 'La Chute de la maison Usher' ausmachen, so wie ich es will, dann habe ich wohl der Musik einen guten Dienst geleistet … wie auch meinem Verleger und Freund Jacques Durand!"

Authentische Quelle

Auch wenn die Briefe für den biografisch interessierten Leser manch Entbehrliches enthalten - wie Anmerkungen über geplante und wieder verworfene Aufführungen und Konzerte -, sind sie doch zweifellos eine sehr aufschlussreiche und authentische Quelle über Leben und Werk eines Komponisten, über den trotz seiner musikgeschichtlichen Bedeutung doch nur wenig bekannt ist.

Infos zum Buch

Claude Debussy – Briefe an seine Verleger
Übersetzt und herausgegeben von Bernd Goetzke

476 Seiten, gebunden, mit Notenbeispielen und 2 Abbildungen
Olms Verlag, Hildesheim
Preis: 38,00 Euro

Sendung: "Piazza" am 26. Mai 2018 ab 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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