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Buchtipp - Illustrierte Geschichte der Oper Blick auf eine überragende Kunstform

Seit ihren Anfängen vor gut vierhundert Jahren hat die Oper als aufwändigste aller Kunstformen die Menschen fasziniert. Zunächst als gehobene Unterhaltung für Adlige gedacht, entdeckte sie bald auch das Bürgertum für sich. Bis heute scheiden sich an ihr die Geister: Für die einen ist sie zu teuer und zu artifiziell, für die anderen gerade wegen der Verbindung verschiedener Künste eine überragende Kunstform. Wie reich und vielfältig die Oper ist, das zeigt Beatrix Gehlhoff in ihrer neuen "Illustrierten Geschichte der Oper".

Buch-Cover "Illustrierte geschichte der Oper" | Bildquelle: Metzler Bärenreiter

Bildquelle: Metzler Bärenreiter

Selbst eingefleischte Opernfans dürften nicht unbedingt wissen, dass Gaetano Donizetti schon 34 Opern komponiert hat, bevor er mit "Anna Bolena" seinen Durchbruch als Opernkomponist feierte. Oder dass der Begründer der französischen Oper ein Italiener war. Und wer stand eigentlich am Beginn der russischen Opernschule?

Kein typischer Opernführer

Wer in Beatrix Gehlhoffs reich bebilderter Operngeschichte blättert, wird etliche Lücken in seinem Wissen über die Oper entdecken und schließen können. Obwohl an Büchern über die Geschichte der Oper wahrlich kein Mangel herrscht, ist Gehlhoffs Buchs eine Bereicherung. Denn hier werden die schier unendlich vielen Typen von Opern anschaulich beschrieben, ihre nationalen Ausprägungen in den verschiedenen europäischen Ländern, ihr jeweiliger Entstehungshintergrund, ihre Bedeutung und die Besonderheiten erklärt. Gehlhoffs Buch ist eben kein Opernführer mit ein bisschen Historie. Aber auch keine spröde musikwissenschaftliche Chronik.

Eine Reise durch 400 Jahre Operngeschichte

Der Autorin gelingt es auf sachliche und trotzdem unterhaltsame Art, Einsichten in rund vierhundert Jahre Operngeschichte zu vermitteln und Zusammenhänge aufzuzeigen. Zum Beispiel provozierte der außerordentliche Erfolg Händels in London auch Feindseligkeiten, etwa beim Schriftsteller John Gay, der damals schrieb: "Was die Unterhaltung in der Stadt betrifft, dreht sich alles um Musik. Jedermann hält sich für einen großen Musikexperten, und Leute, die keine Melodie von der anderen unterscheiden konnten, diskutieren jetzt täglich über die verschiedenen Stilrichtungen von Händel und Bononcini. Homer und Vergil sind in Vergessenheit geraten oder haben jedenfalls keine Bedeutung mehr, denn in London rühmt man den Kastraten Senesino als den bedeutendsten Mann, der je gelebt hat."

Was die Unterhaltung in der Stadt betrifft, dreht sich alles um Musik. Jedermann hält sich für einen großen Musikexperten.
John Gay, Schriftsteller und Zeitgenosse Händels

Illustriert werden die Kapitel mit historischen Aufführungsbildern und Bühnenbildentwürfen, aber auch mit Fotos ausgewählter Aufführungen unserer Gegenwart. Der Leser erfährt, wie lebendig und vielfältig die Welt des Musiktheaters war und ist – von den ersten Opern im Norditalien des beginnenden 17. Jahrhunderts bis in unsere Gegenwart. Auch und gerade weil die Autorin nicht nur die bekannten Werke der Opernliteratur behandelt, sondern - sogar mit einem gewissen Schwerpunkt - viele unbekannte, die aber dennoch für die Musikgeschichte von Bedeutung sind. So schreibt Beatrix Gehlhoff: "Wien erlebte 1668 das wohl größte Opernspektakel des 17. Jahrhunderts; dort wurde in einem eigens errichteten dreistöckigen Theaterbau aus Holz, zu dem nur geladene Gäste Zutritt hatten, "Il pomo d'oro" (Der goldene Apfel) des Italieners Pietro Antonio Cesti gezeigt, eine Huldigung an Kaiserin Maria Theresia im Auftrag ihres kunstsinnigen Gatten Leopold I. An der Aufführung, die wegen ihrer Länge zwei Nachmittage beanspruchte, wirkten über 1.000 Personen, darunter 50 Solosänger mit."

Lohnende Anschaffung

Erfreulicherweise macht Gehlhoffs Operngeschichte auch nicht vor der Moderne und der zeitgenössischen Oper halt: Luigi Nono, György Ligeti oder Hans Werner Henze werden ebenso als Opernkomponisten vorgestellt wie Olga Neuwirth oder George Benjamin. Dies und die sehr gelungene optische Gestaltung machen diese Operngeschichte zu einer lohnenden Anschaffung für jeden Opernfan und für solche, die es werden wollen.

Infos zum Buch

Beatrix Gehlhoff
Illustrierte Geschichte der Oper

176 Seiten, gebunden
Zahlreiche Abbildungen
Metzler/Bärenreiter Verlag
Preis: 24,99 Euro

Sendung: "Allegro" am 17. April 2019 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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