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Buchtipp – Simone Rethel-Heesters: "Alterslos – Grenzenlos" Portraits und Gespräche über das Leben

Simone Rethel-Heesters ist vielen in erster Linie als Ehefrau von Johannes "Jopi" Heesters bekannt. Doch die Schauspielerin interessiert sich schon lange für Fotografie und Malerei. Seit 2005 ist sie außerdem Botschafterin für die "Initiative würdig altern". Für ihr Buch hat sich Simone Rethel-Heesters mit Kamera und Mikrofon auf den Weg gemacht und mit Menschen gesprochen, die unabhängig von ihrem biologischen Alter ihr Leben weiterhin beruflich aktiv und sinnhaft gestalten: Künstler, Handwerker, Forscher oder Politiker, bekannte und unbekannte Persönlichkeiten.

Buchcover Simone Rethel-Heesters: "Alterslos – Grenzenlos" | Bildquelle: Westend-Verlag

Bildquelle: Westend-Verlag

Der Buchtipp zum Anhören

"Wir wären alle viel zufriedenere und gesündere Menschen, wenn wir uns nicht zur Ruhe setzen würden. Ruhestand hat meist Stillstand zur Folge, das ist ungesund für Geist und Körper. Man muss was tun! Den "wohl verdienten" Ruhestand – den Begriff mag ich gar nicht."So die These von Simone Rethel-Heesters, die am 15. Juni 72 Jahre alt geworden ist. 25 Interviews mit jung gebliebenen Menschen hat sie für Ihr Buch "Alterslos -Grenzenlos" geführt, die alle zeigen, dass Aktivität das beste Mittel gegen das Alter ist.

Anhaltende Neugier

Rolf Kühn beispielsweise, Jahrgang 1929. Der Jazzklarinettist, Komponist und Dirigent war ehemals Mitglied in der Benny-Goodman-Band, später Leiter des NDR-Fernsehorchesters Hamburg und 13 Jahre lang Chefdirigent am Berliner Theater des Westens. Heute geht er noch täglich in Berlin ins Funkhaus zum Üben und auf die Frage, was er heute besser als vor 70 Jahren kann, bekennt er sich zur anhaltenden Neugier: "Ich versuche, immer Neues in Bezug auf das Instrument rauszufinden, um alles noch mehr zu perfektionieren. Es ist nach wie vor spannend, und ich hoffe, diese Art Spannung hört nie auf."

Mit 65 aufhören zu müssen, wäre mir wie ein Verbrechen vorgekommen.
Der Regisseur Otto Schenk

Bühnenabschied mit über 90

Der ein Jahr ältere Schauspieler und Regisseur Otto Schenk, der den 50 Jahre an der Bayerischen Staatsoper gespielten legendären "Rosenkavalier" inszeniert hat, hat erst vor Kurzem seinen Bühnenabschied bekanntgegeben: "Mit 65 aufhören zu müssen, wäre mir wie ein Verbrechen vorgekommen."

Kurz und Bündig

Dieses Buch wird lieben, wer …
... ans Leben glaubt.

Dieses Buch liest man am besten, wenn …
… man das offizielle Berufsleben beendet hat.

... Dieses Buch ist wie geschaffen für Menschen, die …
… sich die Freude an ihrer Arbeit bewahrt haben.

Bis ins hohe Alter aktiv

Menschen definieren sich in der Regel durch ihre Arbeit, wenn die wegfällt, wird es oft einsam. Man baut ab, wenn man aufhört, aktiv zu sein. Aber natürlich können viele ihren Beruf gesundheitsbedingt im Alter nicht mehr voll ausüben. Und es ist kein Geheimnis, dass es Künstlern, Politikern und Selbständigen grundsätzlich leichter fällt, bis ins hohe Alter aktiv und kreativ zu bleiben: "Ich fühle mich eher wie ein sehr gesunder Sechziger, aber das hat natürlich viel damit zu tun, dass sich Herz, Verstand und körperliche Tüchtigkeit im Gleichgewicht halten", sagt der 85-jährige Dieter Hallervorden.

Querschnitt durch die Gesellschaft

Mario Adorf | Bildquelle: BR/COIN Film GmbH/Hajo Schomerus Zu den Porträtierten zählt der Schauspieler Mario Adorf. | Bildquelle: BR/COIN Film GmbH/Hajo Schomerus Simone Rethel-Heesters hat 25 Persönlichkeiten zwischen 63 und 94 Jahren porträtiert, die ihr Leben auch im Alter noch aktiv gestalten. Und sie wollte einen Querschnitt durch die Gesellschaft abbilden. Dazu zählen unter anderem Nicole Heesters, Peter Maffay, Mario Adorf, Gregor Gysi, Rita Süßmuth, der Mediziner Dietrich Grönemeyer, der Neuropsychologe und Neurowissenschaftler Lutz Jäncke, oder der frühere Münchner Zoodirektor Henning Wiesner. Natürlich dominieren Künstler und Prominente, aber Rethel-Heesters hat auch einen Schreiner, oder eine Lehmbauerin, die alte Fachwerkhäuser renoviert, interviewt.

Umgang mit dem Alter

Der rote Faden ist der Umgang mit dem Alter. Da einige ihrer Gesprächspartner jüdische Wurzeln haben, sind auch immer wieder der Nationalsozialismus und die heute wiedererstarkende Judenfeindlichkeit ein Thema. Berührend hier ihr Gespräch mit dem Geiger und Dirigenten Leon Spierer, der 30 Jahre erster Konzertmeister der Berliner Philharmoniker unter Karajan war.

Wunderbares Plädoyer und gute Anregung

Entstanden ist eine äußerst beeindruckende Dokumentation, mit unterschiedlichen Sichtweisen auf das Alter und außergewöhnlichen Lebenserfahrungen. Man erfährt in diesem mit viel Leidenschaft gemachten Buch sehr viel Privates und die wunderbaren Schwarz-Weiß-Porträts, die Simone Rethel-Heesters alle selbst gemacht hat, zeugen von sehr viel Nähe zu diesen so verschiedenen Charakteren mit ihren außerordentlichen Biographien. Angst vor dem Alter kann man nicht jedem nehmen, aber der Band ist ein wunderbares Plädoyer und kann eine gute Anregung, sich frühzeitig mit dem Thema "Arbeit ist Sinngebung" zu beschäftigen. Denn dies ist in jedem Alter wichtig.

Infos zum Buch

Simone Rethel-Heesters
Alterslos - Grenzenlos. Portraits und Gespräche über das Leben

216 Seiten, gebunden
Zahlreiche Abbildungen
Westend Verlag
Preis: 34,00 Euro

Sendung: "Leporello" am 24. Juni 2021 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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