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Rezension – "Rihm. Der Repräsentative" Erste Biografie über den Komponisten Wolfgang Rihm

Wolfgang Rihm steht kurz vor seinem 70. Geburtstag. Längst zählt er zu den wichtigsten Komponisten der Gegenwart. Zeit also für die Biografen, tätig zu werden. Der Musikwissenschaftler Frieder Reininghaus macht den Anfang. Richtet sich dabei jedoch eher an ein Spezialpublikum.

Wolfgang Rihm | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

"Unter den jungen deutschen Komponisten ist er der freundliche, offene, heitere", war 1986 in der NZZ zu lesen. Und weiter: "Wer zu seiner Musik keinen Zugang finden sollte – die Person muss man mögen.[…] Dabei ist seine Musik alles andere als "eingängig"."

Freundlich, offen, heiter
Die NZZ im Jahr 1986 über Wolfang Rihm

Viel ist seit den späten 70er Jahren über das umfangreiche Wirken Wolfgang Rihms geforscht und geschrieben worden. Nun hat Frieder Reininghaus auf 310 Seiten eine Würdigung der eigenen Art vorgelegt. Seinen, wie er es nennt, "Parcours durch Werk und Leben Wolfgang Rihms" hat er in sieben chronologische "Zeitfenster" gegliedert, die von den Anfängen des Komponisten bis in die Gegenwart reichen.

Wolfgang Rihm: Hofkomponist der Bundesrepublik?

In diesen Kapiteln geht es um Rihm als "Home de lettre und Mann des Musikbetriebs", als "Gourmand, Gourmet und Revoluzzer", sowie um seine weltanschaulichen Ansichten. Grenzüberschreitungen zur Philosophie werden ebenso thematisiert wie die zur Metaphysik. So wird Rihm einmal als "Dionysisch, höllisch, himmlisch" gezeichnet.

Dionysisch, höllisch, himmlisch
Frieder Reininghaus im Jahr 2021 über Wolfgang Rihm

Für sein Kaleidoskop zitiert Reininghaus aus eigenen journalistischen Arbeiten der zurückliegenden vier Jahrzehnte, aus Feuilletons und aus Selbstauskünften des hochgebildeten Künstlers und Musikprofessors. Rihm ist einer der repräsentativsten und erfolgreichsten zeitgenössischen Komponisten. Er ist bestens vernetzt in zahlreiche Gremien und Institutionen und ihn umgibt der Ruf, "Hofkomponist der Bundesrepublik" zu sein. Seine hünenhafte Erscheinung von 1,92 tut ihr Übriges und als freier Geist weiß er, seine Wirkung bestens einzusetzen.

Alle reden über Rihm!

Für Reinighaus geht es in seinem Buch in erster Linie darum, sich dem, wie er schreibt, "Repräsentativen anzunähern, die Polyphonie der Wahrnehmungen, Beschreibungen, und Einschätzungen der Kolleginnen und Kollegen aus Journalismus und Wissenschaft zu sichten, zu bündeln, zu gewichten und zu portionieren. Die Würdigungen und Lobreden, an denen fürwahr kein Mangel ist, ebenso wie ästhetische Bedenken und Einwände."

KURZ UND BÜNDIG

Dieses Buch wird lieben, wer …
... sich für Wolfgang Rihm interessiert.

Dieses Buch liest man am besten …
… mit Musik von Wolfgang Rihm.

Dieses Buch ist wie geschaffen …
...
für alle, die sich für zeitgenössische Musik interessieren.

Reininghaus kann in seiner Biografie aus dem bemerkenswerten Werk Rihms von über 400 Kompositionen, das ja immer noch anwächst, und das weltweit in den Konzertsälen und auf Festivals präsent ist, natürlich nur einiges auswählen. So stellt er in seiner Monographie Rihms Weg und vor allem dessen Musiktheaterschaffen in den Mittelpunkt. Darunter die Opern Jakob Lenz, Die Eroberung von Mexico oder Dionysos. Reininghaus schreibt auch über Rihms Instrumentalmusik, wie seine zahlreichen Streichquartette. Hier sind seine Ausführungen jedoch oft sehr umständlich.

Fleißig, aber mühsam: Ein Buch für Spezialisten

Gemäß dem Untertitel seines Rihm-Buches "Neue Musik in der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland" beleuchtet Reininghaus den historischen Hintergrund und den Kunstbetrieb als Umfeld eines Genies, das eigene Regeln setzt und diesen auch folgt. Er beschreibt den berühmten Komponisten manchmal nicht ohne beißende Kritik. Die gigantische Menge an aus verschiedensten Quellen zusammengefügten Zitaten zeugt von großem Fleiß, macht die Lektüre aber sehr mühsam. Und so ist dieses Buch nur geeignet für speziell an der Neuen Musik und deren geschichtlichem Hintergrund Interessierte.

Zum Buch

"Rihm. Der Repräsentative" von Frieder Reininghaus ist bei Königshausen & Neumann erschienen und kostet 34 Euro.

Sendung: "Leporello" am 10. Februar ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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