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Album der Woche – Klavierduo Genova & Dimitrov Amy Beach: Werke für Klavierduo

Amy Beach? Kennt fast niemand. Hat aber richtig gut komponiert und wäre wahrscheinlich längst deutlich bekannter, wäre sie nicht eine Frau gewesen. In Amerika war sie so erfolgreich wie nur wenige ihrer männlichen Kollegen. Zu Recht, wie das neue Album des Klavierduos Genova & Dimitrov zeigt.

CD-Cover Amy Beach: Werke für Klavierduo | Bildquelle: cpo

Bildquelle: cpo

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Was für eine faszinierende Frau, was für eine tolle Musik. Und was für ein musikalisches Talent offenbar schon in ganz jungen Jahren. Die Amerikanerin Amy Beach wird 1867 geboren, spielt mit sieben Jahren erstmals öffentlich – nicht nur Beethoven und Chopin, sondern auch einen von ihr selbst komponierten Walzer. Nach kurzem Harmonielehrestudium am College bringt sich Amy Beach selbst den Kontrapunkt bei, indem sie sich in die Musik von Johann Sebastian Bach vertieft. Mit Erfolg, wie auf dem jüngsten Album des entdeckungsfreudigen Klavierduos Genova & Dimitrov zu erleben ist. Die drei Stücke der erst Sechzehnjährigen für Klavier zu vier Händen, von Amy Beach nie zur Veröffentlichung freigegeben und erst 1998, mehr als ein halbes Jahrhundert nach ihrem Tod erschienen, können sich jedenfalls hören lassen.

Kurz und bündig

Dieses Album hat gefehlt, ...
... weil wir immer noch viel zu wenig Werke von einer wirklich exzellenten Komponistin kennen.

Dieses Album ist ein Hörgenuss, ...
... weil es richtig gute Klaviermusik in exzellenter Interpretation bietet.

Dieses Album lohnt sich für alle, ...
... die immer auf der Suche nach dem viel zu wenig Bekannten sind.

Eine exzellente Pianistin war Amy Beach offensichtlich auch. Als erste Frau in Amerika schreibt sie ein großes Klavierkonzert, eine riesenhafte Messe, mit 29 Jahren eine großdimensionierte Sinfonie. Mehr als 150 Werke hinterlässt Amy Beach, als sie 1944 mit 77 Jahren in New York stirbt, hochangesehen, berühmt, von vielen jungen Komponisten verehrt, auch wenn die Zeit und der Fortgang der Musikgeschichte ihr Schaffen und ihren Stil inzwischen überholt haben. Das ist vielen männlichen Kollegen nicht nur in Amerika ganz ähnlich ergangen.

Musik, die unter die Haut geht

Auch wenn sie nie am Klavier komponierte, es war ihr Instrument, solistisch wie zu vier Händen. Wobei die für mich eindrucksvollsten Momente dieses Albums die langsamen Stücke und Passagen sind. Der Trauermarsch etwa, in den die – den mazedonischen Freiheitskampf reflektierenden – Variationen über Balkan-Themen für zwei Klaviere münden, geht unter die Haut. Das ist unglaublich gut komponiert und ganz unverkennbar tief empfunden. Überhaupt sind diese Variationen für mich das Herzstück dieser Veröffentlichung.

Wie aus dichtem Nebel

Doch auch die auf alten irischen Melodien basierende Suite op.104 ist streckenweise meisterhaft. Wie aus dichtem Nebel steigen die ersten Momente des Prelude auf, gewinnen aus dissonanten Klängen allmählich harmonische Konturen, in denen man die Gesänge eines alten keltischen Barden zu erkennen glaubt – atmosphärisch unglaublich dichte, fesselnde Musik, vom Klavierduo Genova & Dimitrov glasklar und zugleich ungemein stimmungsvoll gespielt. Ein wunderschönes Album, das wieder einmal zeigt, was sich alles noch entdecken lässt im großen Reich der Musik. Und auch wenn Amy Beach inzwischen gottlob keine ganz Unbekannte mehr ist, von ihren 150 Kompositionen kennen wir noch längst nicht alle.

Infos zur CD

Amy Beach: Complete Works for Piano Duo

Variationen über Balkan-Themen op.60c
Drei Stücke für Klavier vierhändig
Suite über Alte Irische Melodien op.104
Sommer-Träume op.47

Klavierduo Genova & Dimitrov

Label: cpo

Sendung: "Piazza" am 27. November 2021 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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