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Album der Woche – Das Chiaroscuro-Quartett spielt Haydn Drei Streichquartette aus op. 76

"Mit der barocken Geige geht es leichter". Das sagt Alina Ibragimova, die erste Geigerin es Chiaroscuro-Quartetts in einem Interview. Sie meint damit nicht, dass das Spielen leichter würde. Es wird leichter, Klänge und Wirkungen hervorzubringen, die mit Instrumenten unserer Zeit nicht mehr möglich sind. Deshalb spielt das Chiaroscuro-Quartett auf historischen Instrumenten. Und löst damit, so die Neue Zürcher Zeitung, "Schockwellen" aus. Auf ihrer neuen CD mit drei Quartetten aus Joseph Haydns Opus 76 hört man, warum.

CD-Cover: Das Chiaroscuro-Quartett spielt Haydn: Opus 76, 1-3 | Bildquelle: BIS

Bildquelle: BIS

Der CD-Tipp zum Anhören

Alleine die technische Qualität dieser Einspielung der ersten drei Quartette aus Joseph Haydns Opus 76 nimmt einem die Luft weg. Die SACD-Technik zeigt, was sie kann. An Musik, die einem alleine schon den Atem raubt, wenn sie so gespielt wird wie vom Chiaroscuro-Quartett.

Unwiderstehlich brillante Attacke

Derart verwegen und draufgängerisch können Musiker spielen, die historische Instrumente benutzen. Die Saiten liegen flacher, mit den passenden Bögen sind sie schneller erreichbar. Effekte, Klangwirkungen werden möglich, die auf heutigen Instrumenten weder funktionieren noch schön klingen würden. Das Chiaroscuro-Quartett ist nicht dogmatisch, man bespannt historische Instrumente auch mit Stahlsaiten und spielt mit einem modernen Stimmton. Das ergibt Sinn: daher kommt diese springlebendige, unwiderstehlich brillante Attacke auf das Gehör – Nervenkitzel im besten Sinn des Wortes.

Kurz und bündig

Dieses Album wird lieben, wer …
… vom Klang eines Streichquartetts so richtig aus dem Sessel gehoben werden möchte.

Dieses Album ist ein Hörgenuss, weil …
… die Instrumente so nah und plastisch klingen, als säßen die Spieler direkt im Wohnzimmer vor dem Hörer.

Dieses Album muss man haben, wenn …
… man Haydn als atemberaubend spannenden Komponisten erleben will.

Symphonische Dimensionen

Die Quartette Opus 76 sind Haydns letzter vollendeter Quartettzyklus. In ihm bündelte Haydn, der als Erfinder des modernen Streichquartetts gilt, all seine Erfahrungen – darunter die Triumphe seiner Sinfonien in London. Daher tragen sie diese symphonischen Gene auch in sich. Die dichte motivische Arbeit, die präzis auf größte Wahrnehmbarkeit kalkulierte Stimmführung – großes Orchester "in a Nutshell", würde man auf Englisch sagen, auf engstem Raum. Durch seine glasklare Art zu spielen und den deutlichen Klangcharakter jedes der Instrumente macht das Chiaroscuro-Quartett diese symphonische Größe der Quartette op. 76 hörbar.

Schlichte Größe ohne Pathos

Es gibt sich aber auch ganz schlicht, zart, bei einer der berühmtesten Melodien überhaupt: Haydn wusste um die Kostbarkeit seines Einfalls und widmete sie schon im Manuskript dem Kaiser. Es sollte Österreichs Kaiserhymne werden und Deutschlands Nationalhymne. Beim Chiaroscuro-Quartett kann man sie ohne Pathos hören, gleichsam als reinen musikalischen Einfall, an dem sich der Komponist in einer Reihe schlichter Variationen selbst erfreuen wollte.

Infos zur CD

Joseph Haydn:
Streichquartette op. 76, Nr. 1-3

Chiaroscuro Quartet

Label: BIS

Sendung: "Piazza" am 30. Mai 2020, 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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