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Album der Woche – Francesco Piemontesi spielt Zwei Mozart-Klavierkonzerte

Wie ungerecht der Musikbetrieb manchmal ist, zeigt der Fall des Schweizer Pianisten Francesco Piemontesi. Kennern ist Piemontesi, 1983 geboren, längst ein Begriff. Aber Piemontesi ist eben einer, der die Selbstvermarktung nicht so obsessiv betreibt wie andere Kollegen. Dabei hat er internationale Wettbewerbe gewonnen und tritt mit den renommiertesten Orchestern auf. Und in Ascona leitet er ein traditionsreiches Musikfestival. Was Piemontesi pianistisch draufhat, zeigt er auf seinem zweiten Mozart-Album, das er wieder mit Andrew Manze und dem Scottish Chamber Orchestra eingespielt hat.

CD-Cover: Francesco Piemontesi spielt Mozart-Klavierkonzerte | Bildquelle: Linn Records

Bildquelle: Linn Records

Vom ersten Takt an bezaubert Francesco Piemontesis Anschlag: glasklar, federleicht und pointiert. Unverschämt charmant startet Mozart mit einem fröhlichen Marsch in sein F-Dur-Klavierkonzert KV 459. Dass die Ohrwurm-Melodie nicht zum Gassenhauer verkommt, dafür sorgt Piemontesi im inspirierten Dialog mit Andrew Manze und dem Scottish Chamber Orchestra. Was vermeintlich harmlos beginnt, nimmt später dramatische Züge an. Mit markantem Zugriff und pianistischer Brillanz wirft sich Piemontesi ins turbulente Finale – da schaut der Opernkomponist Mozart um die Ecke.

Heiterkeit und Tragik

Das unvermittelte Nebeneinander von verspielter Heiterkeit und abgrundtiefer Tragik ist es, was Mozarts Kunst so unbegreiflich – und so lebensnah macht. So kippt die Stimmung im eleganten A-Dur-Rondo KV 386 plötzlich nach fis-Moll. Und Piemontesi findet zusammen mit den sphärischen Streichern des Scottish Chamber Orchestra zu einer Intimität, die zu Herzen geht.

Kurz und bündig

Dieses Album lohnt sich, weil …
… es auf einen exzellenten jungen Pianisten aufmerksam macht, der bei uns nicht so bekannt ist, wie er es verdient hätte.

Dieses Album wird lieben, wer …
… einen historisch informierten Mozart-Sound schätzt, der gleichzeitig ganz frisch und heutig klingt.

Dieses Album ist ein Hörgenuss, weil …
… nicht nur die Klangqualität überzeugt, sondern auch die Balance zwischen Solist und Orchester perfekt austariert ist.

Dieses Album lädt ein zum …
… Staunen, wie Mozart es immer wieder schafft, das Komische unvermittelt ins Tragische umschlagen zu lassen – und umgekehrt!

Abgeklärte Gelassenheit

In seinem letzten Klavierkonzert aus dem Todesjahr 1791 begegnet Mozart seiner zunehmenden Resignation mit abgeklärter Gelassenheit. Wie ein Sich-Fügen in das Unvermeidliche interpretiert Piemontesi die bewegend schlichte Melodie im langsamen Satz: sanft und schwerelos.

Vom Klavierkonzert zum Volkmusik-Hit

Mit Andrew Manze und dem Scottish Chamber Orchestra hat Francesco Piemontesi ideale Partner an seiner Seite. Manze begann seine Karriere als Barockgeiger und hat auch als Dirigent die historische Aufführungspraxis verinnerlicht. So erzeugt er mit dem Scottish Chamber Orchestra einen mitreißend lebendigen Mozart-Sound. Zum guten Schluss stimmen dann alle gemeinsam in Mozarts Frühlings-Melodie ein, aus der er später den Volkslied-Hit "Komm, lieber Mai" gemacht hat – einfach unwiderstehlich!

Infos zur CD

Wolfgang Amadeus Mozart:
Klavierkonzert Nr. 19 F-Dur, KV 459
Rondo A-Dur für Klavier und Orchester, KV 386
Klavierkonzert Nr. 27 B-Dur, KV 595

Francesco Piemontesi (Klavier)
Scottish Chamber Orchestra
Leitung: Andrew Manze

Label: Linn Records

Sendung: "Piazza" am 05. September 2020, 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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