BR-KLASSIK

Der Name ist Programm: Das Label Opera Rara kümmert sich um Raritäten –verlorene oder vergessene Schätze des Belcanto-Zeitalters. Der jüngste Fund ist "Il Paria", eine indisch geprägte Oper aus dem Jahr 1829 mit Musik von Gaetano Donizetti. Und wieder einmal verbindet sich eine Ausgrabung dieser Art mit dem Namen des britischen Dirigenten Mark Elder. Sein Einsatz hat sich gelohnt.

Bildquelle: Opera Rara

Der CD-Tipp zum Anhören

Ein Brahmane ist besessen vom Kastendenken, vom Klassenhass. Die Liebe seiner abtrünnigen Tochter zu einem verachteten Paria hat keine Zukunft. Der Bräutigam muss sterben, nimmt jegliche Hoffnung auf Zeiten ohne Fanatismus mit in den Tod. So liefert das alte Indien ein Beispiel für Opfer gesellschaftlicher Spaltung.

Sozialkritisches Sujet

Es ist die erste tragische Oper, die Gaetano Donizetti schreibt, als er sein Direktoren-Amt am neapolitanischen Teatro San Carlo antritt. Der zur Gala-Premiere anwesende König, seine Majestät Francesco I., soll wenig applaudiert haben. Vielleicht sah er sein autokratisches Regime durch das sozialkritische Sujet an den Pranger gestellt.

Jeder Takt atmet Belcanto

Den Denkanstoß verpackt Donizetti keineswegs in fremdartige Melodien oder Harmoniefolgen – nur, weil das Geschehen sich in Asien zuträgt. Jeder Takt atmet hier Belcanto. Auch das Orchester und der Chor haben viele Entfaltungsmöglichkeiten.

Konzertante Aufführung

Das mag den Dirigenten Mark Elder bewogen haben, sich für die konzertante Aufführung und Ersteinspielung einzusetzen. Ohnehin weiß er jederzeit, was zu tun ist, damit Sänger sich auf Händen getragen fühlen. Misha Kiri steuert einen Prachtbariton bei, Albina Shagimuratova einen üppigen, bisweilen ausufernden Sopran. Der lyrische Tenor René Barbera meistert die beängstigend hohe Partie unerschrocken virtuos.

Staunenswerter Fund

Keine Frage: Bei nächster Gelegenheit hätte diese perfekt aufgebaute, großartig gesteigerte Oper eine szenische Umsetzung und Bewährungsprobe verdient. Die britischen Gesangsfreaks des Labels OperaRara belegen erneut, bei Archiv-Recherchen oft den richtigen Riecher zu haben.  Hier haben sie einen staunenswerten Fund ans Tageslicht geholt.

Sendung: "Piazza" am 30. Januar 2021 ab 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK