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Album der Woche - Herbert Schuch Beethoven und Ligeti – "Bagatellen"

Der Pianist Herbert Schuch ist bekannt für seine ungewöhnlichen Programme. In seinen zwei letzten Einspielungen hat er zum Beispiel Bach mit Messiaen und Schubert mit Janáček gekreuzt. Diesem Prinzip bleibt er auch auf seiner neuesten Aufnahme treu. Darauf erklingt die elfteilige Musica Ricercata, ein Frühwerk von György Ligeti, im Wechsel mit den späten Bagatellen Ludwig van Beethovens.

Bildquelle: CAvi-Music

Das Album der Woche zum Anhören

"Neue Musik aus dem Nichts heraus bauen …" so beschrieb György Ligeti, der ursprünglich Mathematiker werden wollen, sein kompositorisches Credo. Und tatsächlich folgt seine "Musica Ricercata" einem strengen Konstruktionsprinzip: Das erste Stück besteht aus nur einem Ton, zu dem sich erst am Schluss ein zweiter gesellt. Das zweite Stück besteht aus drei Tönen, das dritte aus vier und so weiter, bis im elften Stück alle zwölf Töne der Tonleiter erklingen. Das klingt konzeptuell verkopft, ist in der Durchführung aber ziemlich aufregend, weil Ligeti – bei allem Minimalismus – zeigt, welcher Schatz an Klangfarben in so einem Flügel steckt. Die "Musica Ricercata" ist ein Regenbogen in der grauen Uniform eines Sowjetfunktionärs.

Komisch und kämpferisch

Der Pianist Herbert Schuch verschränkt auf seinem neuen Album Ligetis Frühwerk mit einem Spätwerk Beethovens, den Bagatellen op. 119. Immerhin handelt es sich bei diesen von Beethoven sogenannten "Ciclus von Kleinigkeiten" auch um Miniaturen, die, ihrer Kürze zum Trotz, das gesamte Spektrum seiner musikalischen Ausdruckswelt wiederspiegeln: lyrisch und keck, komisch und kämpferisch.

Kurz und bündig

Dieses Album wird lieben, wer …
… Lust am Sperrigen hat, aber aufs romantische Glotzen (oder Lauschen) nicht verzichten möchte.

Dieses Album hat gefehlt, weil …
… es Ligeti zum Leuchten bringt, und Beethoven (beinahe) zu einem Zeitgenossen macht.

Dieses Album hört man am besten …
… beim Kochen, wie jedes Album.

Klingende Kippfiguren

Schuch erkennt darin einen – wie es im Booklet zur CD heißt – "logischen Zusammenhang" zwischen den beiden Werkzyklen. Auch das klingt erstmal konzeptuell verkopft, ist in der Durchführung aber schlicht genial! Vor allem in den Momenten, in denen Beethoven so erscheint, als wäre er ein Kind nicht des 18., sondern des 20. Jahrhunderts. Fast ein bisschen gruselig, wenn man nicht sofort kapiert, was da gespielt wird. Die Aufnahme lebt von solchen Irritationen, klingenden Kippfiguren, bei denen unklar ist, ob man noch Ligeti oder schon Beethoven lauscht.

Detox für die Ohren

Aber nicht nur auf Beethoven, auch auf Ligeti wirft Schuchs originelle Zusammenstellung ein neues Licht: Die "Musica Ricercata" ist sozusagen "Detox" für die Ohren. Sie entschlackt und schärft die Sinne. Wenn dann wieder eine Bagatelle an der Reihe ist, dann ist das ein bisschen wie beim Fastenbrechen. Von zu viel Zucker würde einem schlecht. Eine Prise reicht. Glücklicherweise ist Herbert Schuch ein Meister der feinen Dosierung. Manieriert, übertrieben gestaltet ist da nichts. Eine wirklich fantastische Einspielung!

Herbert Schuch – "Bagatellen"

Ludwig van Beethoven:
Bagatellen op. 119 & 126
György Ligeti:
Musica ricercata

Herbert Schuch (Klavier)

Label: CAvi-Music

Sendung: "Piazza" am 11. Mai 2019, 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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