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Album der Woche – "Noels Baroques à Versailles" Ein Weihnachtsalbum voll guter Laune

Orgelmusik heute in der Kostprobe – das Label Chateau de Versailles hat eine CD-Serie mit Aufnahmen in der Schlosskirche Versailles gestartet. Nachdem Ton Koopman den Auftakt gemacht hat und eine zweite CD das Schaffen von Jean-Francois Dandrieu beleuchtete, ist nun als dritter Teil eine Weihnachts-CD erschienen.

CD-Cover: "Noels Baroques à Versailles" | Bildquelle: Chateau de Versailles

Bildquelle: Chateau de Versailles

Das Album der Woche zum Anhören

Weihnachten 1762: Dem Pariser Erzbischof wird es zu bunt. Zwar strömen die Menschen in Massen in die Kirche Saint-Roch – aber nicht etwa, um die Heilige Messe zu hören, sondern den Organisten. Claude Balbastre lässt die Finger über die Tasten sausen, er lässt die Flöten seiner Orgel jubilieren, die Krummhörner schnarren und die Trompeten dröhnen. Wegen seiner "Noels", seiner Variationen über französische Weihnachtslieder, drängen, drängeln und schubsen sich die Leute. Und so spricht der Bischof ein Machtwort: Er verbietet künftig das Improvisieren über die volkstümlichen Melodien – "wegen der Menge, die nur kam, um Balbastre zu hören, und die den gebotenen Respekt vor der Heiligkeit des Ortes vermissen ließ."

Tanz vor der Krippe

Gebracht hat das Verbot auf Dauer nichts – außer dass es uns bis heute zeigt, wie beliebt diese Lieder damals waren. Die Texte blicken durch die Brille der einfachen Leute auf das Weihnachtswunder. Sie erzählen von der Schäferin Alix, die sich schnell noch den Unterrock zusammenbindet, damit er auf dem Weg nach Bethlehem nicht schmutzig wird; oder von den Bürgern aus Châtres, die vor der Krippe tanzen; oder auch von den Hirten, die dem Jesuskind ein Lamm mitbringen, Brot und etwas frische Milch in einem Napf.

Kurz und bündig

Dieses Album wird lieben, wer …
… naive Malerei liebt oder findet, dass Weihnachten bei aller Festlichkeit auch mal ein Augenzwinkern verträgt.

Dieses Album hört man am besten beim …
… Plätzchenbacken und Nüsseknacken.

Dieses Album lädt ein zum …

… Schmunzeln, Mitpfeifen und – ja wirklich, auch wenn es Orgelmusik ist – zum Tanzen.

Dieses Album führt bei Überdosis zu …
… chronisch guter Laune, selbst bei vorweihnachtlichem Schmuddelwetter.

Mitreißend lebendig

Der junge Pariser Organist Gaétan Jarry lässt die heute längst vergessenen Texte vom Kinderchor des Centre de musique baroque de Versailles singen – vielleicht nicht immer ganz glockenrein, aber mitreißend lebendig, und gekrönt von exzellenten Solostimmen. Jarry selbst spielt auf der Orgel der Schlosskapelle von Versailles, die einst von Ludwig dem XIV. in Auftrag gegeben, vom berühmten königlichen Orgelbauer Robert Clicquot entworfen und 1711 von Francois Couperin eingeweiht wurde. Ein prachtvolles, farbenreiches Instrument mit kernigen Zungenstimmen und betörend warmen Soloregistern – wunderbar passend für die Musik der französischen Orgelklassik.

Funkelnde Registrierungen und natürliche Verzierungen

Gaétan Jarry hat aus den großen Noel-Sammlungen des 18. Jahrhunderts, von Dandrieu, Balbastre, Daquin und Corrette, ein abwechslunsgreiches "Best of" zusammengestellt. Technisch sind die Stücke nicht allzu schwierig, es kommt also darauf an, was man aus den Noten macht. Jarry spielt sie mit einer seltenen Frische und Freiheit, vital und kraftvoll, mit funkelnden Registrierungen und natürlich wirkenden Verzierungen. So entsteht eine fröhliche Weihnachts-CD, die mal keinen Plätzchenduft verströmt, keine deutsche Behaglichkeit, sondern eher die kindliche Freude der Schlittenrennen im verschneiten Versailles, die der König so sehr liebte.

"Noels Baroques à Versailles"

Werke von
Claude Balbastre,
Jean-François Dandrieu,
Louis-Claude Daquin

und
Michel Corrette

Gaétan Jarry (Orgel)
Les Pages du Centre de musique baroque de Versailles

Label: Chateau de Versailles

Sendung: "Piazza" am 14. Dezember 2019, 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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