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Album der Woche – Klaus Mäkelä dirigiert Sibelius Die sieben Symphonien

In die Musik von Jean Sibelius kann man sich spontan verlieben – oder beim Wiederhören immer wieder aufs Neue. So, wie jetzt bei der glänzenden neuen Gesamtaufnahme der sieben Symphonien durch das Oslo Philharmonic unter seinem jungen, gerade 26-jährigen Chefdirigenten Klaus Mäkelä.

CD-Cover – Klaus Mäkelä dirigiert Sibelius: die 7 Symphonien & Tapiola | Bildquelle: Decca

Bildquelle: Decca

Der CD-Tipp zum Anhören

Ja, Sibelius klingt sehr besonders, fast eigenwillig, auf jeden Fall sehr persönlich nordisch. Wer seine Maßstäbe streng an den Symphonien von Beethoven oder Brahms orientiert, mag Schwierigkeiten mit Sibelius haben. So, wie der große Musikphilosoph Theodor W. Adorno, der den finnischen Komponisten 1937 aus dem Londoner Exil mit einem polemischen Essay so richtig in die Pfanne haute. Von Themen sei bei Sibelius nicht zu reden, bestenfalls von Tonfolgen. Die aber könnten leider, so wie ein vom Wickeltisch gefallener Säugling, nicht richtig gehen, blieben ständig stecken. Und überhaupt: Symphonien seien nun mal keine tausend Seen, auch wenn sie tausend Löcher hätten.

Kurz und bündig

Dieses Album lohnt sich, weil …
… es wieder einmal so richtig klarmacht, was Jean Sibelius für ein fantastischer Komponist war.

Dieses Album hört man am besten bei …
… einem guten Glas Rotwein – auch wenn Sibelius selbst eher zu viele davon genossen hat.

Dieses Album führt bei Überdosis zu …
… heftigem Fernweh nach den skandinavischen Weiten.

Mitreißende und hoch emotionale Musik

Adornos Kalauer wären witziger gewesen, hätten sie nicht dazu geführt, dass Sibelius im deutschen Musikleben nach dem Krieg jahrelang so gut wie nicht existierte. Das hat sich gottlob geändert, auch wenn manche der sieben Symphonien im Konzert nach wie vor nur selten zu hören sind. Dabei ist das einfach unglaublich mitreißende, hoch emotionale Musik. Klar, wer mag, kann sich in ihren komplexen Aufbau vertiefen, nachvollziehen, wie hymnische Themen sich aus kleinen Partikeln entwickeln und wieder zerfallen, wie Sibelius einen völlig eigenständigen Typ Symphonie schuf. Muss aber nicht sein. Mindestens ebenso genussvoll und ertragreich ist es, diese Klang-Landschaften einfach an sich vorüberziehen zu lassen. Egal, ob sie von strahlender Helligkeit erfüllt oder bedrohlich düster sind. Auf sehr charakteristische Weise schön sind sie immer. Man kann sich verlieren in ihren Weiten.

Interpretatorische Balance zweier Pole

Bei Klaus Mäkelä und seinem Oslo Philharmonic passiert das besonders leicht. Mäkelä schlägt sich dankenswerter Weise weder konsequent auf die Seite der harten Analytiker, noch macht er Sibelius zum – wie man ihn gerne sieht – spätromantischen Ausdrucksmusiker. Vielmehr gelingt dem jungen Finnen eine kluge, je nach Symphonie durchaus unterschiedlich gewichtete Balance dieser beiden Pole.

Klarheit, Stringenz und Wärme

Seine Interpretationen bestechen ebenso durch ihre Klarheit und Stringenz wie durch ihren warmen Klang, beleuchten die kompositorischen Strukturen und vermitteln doch ein hohes Maß an Emotionalität und Sinnlichkeit. Dieses neue Album ist ein fulminantes Plädoyer für einen Komponisten, der sich selbst als eine "Erscheinung aus den Wäldern" bezeichnete, der aber alles andere als ein Hinterwäldler war.

Infos zur CD

Jean Sibelius:
Symphonien Nr. 1 bis 7
"Tapiola", op. 112
Drei Fragmente

Oslo Philharmonic
Leitung: Klaus Mäkelä

Label: Decca

Sendung: "Piazza" am 26. Februar 2022 um 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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