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Album der Woche – Singer Pur Among Whirlwinds

1992 taten sich fünf ehemalige Regensburger Domspatzen mit einer Sopranistin zusammen und gaben ihr erstes Konzert als Singer Pur. Seit mittlerweile fast dreißig Jahren steht dieser Name international für faszinierende Vokalkunst. Der Sound dieses Ensembles blieb trotz mancher Umbesetzung immer unverwechselbar. Mehrfach wurde es nicht zuletzt wegen seiner schlüssigen Programmkonzepte ausgezeichnet. Das trifft ganz besonders auf das jüngste Album zu: Among Whirlwinds präsentiert ausschließlich Werke, die von Frauen komponiert wurden, viele davon exklusiv für Singer Pur.

CD-Cover - Singer Pur: Among Whirlwinds | Bildquelle: Oehms Classic

Bildquelle: Oehms Classic

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"Was ist an meinen Kompositionen gelegen? Kräht ja doch kein Hahn danach" – schrieb Fanny Hensel resigniert. Anders als ihr Bruder Felix Mendelssohn durfte sie ihre Begabung nicht zum Beruf machen. Kein Einzelfall: Bürgerliche Schicklichkeit, traditionelle Frauenrollen und Vorurteile über mangelnde Schaffenskraft legten Komponistinnen seit jeher Steine in den Weg. Und doch hat es sie immer gegeben.

Kurz und bündig

Dieses Album hat gefehlt, ...
... weil es klarstellt: Musik von Frauen ist keine Nischenkunst, sondern ein roter Faden durch die Musikgeschichte!

Dieses Album ist ein Hörgenuss, ...
... weil der Sound dieses Vokalsextetts einfach faszinierend ist!

Dieses Album hört man am besten ...
... nicht am späten Abend, denn eine stark stimulierende Wirkung gehört zu den Risiken und Nebenwirkungen!

 Verblüffend breites Spektrum weiblicher Kreativität

Vom Mittelalter über die italienische Renaissance und die deutsche Romantik bis hin zu Gegenwartskomponistinnen aus Spanien, Island, Slowenien, Bulgarien, Kanada, Korea und den USA – es ist ein verblüffend breites Spektrum weiblicher Kreativität, das Singer Pur auf seinem neuen Album auffächert. Among Whirlwinds ist ein klingendes Plädoyer für die Werke von Frauen, die im Konzertrepertoire noch immer unterrepräsentiert sind. Dass es dem Ensemble damit ernst ist, beweist nicht nur der engagierte Booklettext von Sopranistin Claudia Reinhard, sondern vor allem die persönliche Zusammenarbeit mit Komponistinnen, aus der heraus viele der Stücke entstanden.

Manche sind hochkomplex wie der Beitrag von Lauren Buscemi, die einen Text Frank Wedekinds mit eigenem Kommentar in Schönberg‘schem Sprechgesang überlagert. Manche sind schlicht berührend wie das Wiegenlied Ilse Webers, die damit als Kinderkrankenschwester im Ghetto Theresienstadt ihre Patienten tröstete, bevor sie 1944 in Auschwitz ermordet wurde.

Von  Originalkomposition bis zum behutsamen Arrangement

Ob Originalkomposition oder behutsames Arrangement – der Sound dieses Ensembles macht süchtig. Sopran, drei Tenöre, Bariton und Bass: mal verschlungen im polyphonen Satzgefüge, mal als Melodiestimme mit pseudo-instrumentaler Begleitung, mal als stimmungsvolle Nachahmung von Naturlauten – Singer Pur ist immer ein faszinierendes Klangprisma der menschlichen Stimme.

Abgeleitet wurde der Titel des Albums vom Beitrag Among dark whirlwinds der Amerikanerin Joanne Metcalf. Sie schreibt im Booklet, der Tag werde kommen, "an dem die Musik von Komponistinnen gleichwertig in Konzertprogrammen vertreten ist." Doch bis dahin brauchen wir solche musikalischen "Wirbelwinde", die jegliche Voreingenommenheit gekonnt wegpusten.

Infos zur CD

Among Whirlwinds
Werke von Joanne Metcalf, Hildegard von Bingen, Stanislava Stoytcheva, Eva Ugalde Alvarez, Fanny Hensel, Clara Schumann, Vittoria Aleotti, Lauren Buscemi u. a.

Singer Pur
Claudia Reinhard, Sopran
Christian Meister, Tenor
Markus Zapp, Tenor
Manuel Warwitz, Tenor
Jakob Steiner, Bariton
Marcus Schmidl, Bass

Label: Oehms Classics

Sendung: "Piazza" am 6. November 2021 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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