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Album der Woche – Auber: "Le Philtre" Witz, Raffinesse und Brio

Rossini war einmal im Schwarzwald – zur Kur in Bad Wildbad. Als künstlerische Hommage an den Aufenthalt des "Schwans von Pesaro" wurde im Jahr 1989 das Rossini Festival Bad Wildbad gegründet. Mit seiner Mischung aus bekannten und unbekannten Rossini-Opern zieht das Belcanto-Festival jeden Sommer Opernfans aus aller Welt an. Besonders verdienstvoll ist, dass auch vergessene Zeitgenossen Rossinis zum Zuge kommen: etwa Daniel-François-Esprit Auber. Seine komische Oper "Le Philtre" erlebte im Sommer 2021 in Bad Wildbad ihre moderne Erstaufführung, Anfang dieses Jahres erschien der Mitschnitt.

CD-COver – Auber: "Le Philtre" | Bildquelle: Naxos

Bildquelle: Naxos

Der CD-Tipp zum Anhören

Ein kokettes Fräulein ignoriert die Liebe eines treuherzigen Bauernburschen und wendet sich einem schneidigen Sergeanten zu. Der verzweifelte Bauer kauft daraufhin bei einem Quacksalber einen angeblichen Liebestrank und lässt sich – um diesen überhaupt bezahlen zu können – zum Kriegsdienst rekrutieren. Gerührt von dieser Opferbereitschaft erkennt die Kokette dann doch ihre Gefühle für den naiven Verehrer und vergießt "una furtiva lagrima"….. nein, stopp: so geht die Geschichte in Donizettis "Elisir d’amore", 1832 in Mailand uraufgeführt und seither nie von den Spielplänen verschwunden. Zum Leidwesen des französischen Kollegen Auber, dessen inhaltsgleiche Oper "Le Philtre" genau ein Jahr zuvor in Paris eine bejubelte Uraufführung erlebt hatte.

Gelegenheiten für tenoralen Gefühlsüberschwang

Daniel-François-Esprit Auber, ein Schüler Cherubinis, galt spätestens seit der Uraufführung seiner großen Oper "La Muette de Portici" 1828 als Pariser Erfolgskomponist. Der prominente Dramatiker Eugène Scribe schrieb die meisten seiner Libretti, so auch das zu "Le Philtre". Felice Romani übersetzte es für Donizetti, ließ es aber bis auf die Namen fast unverändert. Belcore hieß in Frankreich Joli-Coeur, Adina Térezine und Nemorino Guillaume. Die berühmte Arie über die "flüchtige Träne" gab es bei Auber noch nicht, dafür aber reichlich andere Gelegenheiten für tenoralen Gefühlsüberschwang.

Kurz und bündig

Diese CD hat gefehlt, weil ...
...
es schlichtweg keine Einspielung dieses charmanten Vorgängers von Donizettis Kassenschlager L’Elisir d’amore gab!

Diese CD beweist, dass ...
... man nicht bis nach Pesaro fahren muss, um ein spannendes Rossini-Festival zu erleben! Bad Wildbad liegt im Schwarzwald!

Diese CD hört man am besten ...
...
bei einem Glas Rotwein, denn nichts Anderes ist der angebliche "Liebestrank" in der Oper!

Billiger Rotwein als Liebestrank

Das mit dem Liebestrank war ja schon bei Tristan und Isolde eine Mogelpackung und was Guillaume hier für teures Geld ersteht, ist nichts weiter als billiger Rotwein. Dessen enthemmende Wirkung führt aber wider Erwarten zum Erfolg bei der Angebeteten und katapultiert ihn in den Belcanto-Himmel – zumindest wenn der fabelhafte Tenor Patrick Kabongo die Partie singt. Auch die übrige Besetzung des Rossini-Festivals ist stimmlich und stilistisch überaus beachtlich – tatsächlich gilt Bad Wildbad als Sprungbrett für junge Künstler und kann auf Stars wie Joyce DiDonato und Pavol Breslik als einstige Debütanten verweisen.

Klanglich Einschränkungen tun dem Vergnügen keinen Abbruch

Das Philharmonische Orchester Krakau unter Luciano Acocella bringt die französische Eleganz von Aubers Musik, ihren charmanten Witz, ihre überdrehten Militärparodien, ihre raffinierte Instrumentation und ihr ziemlich Rossini'sches Brio hervorragend zur Geltung. Der Mitschnitt fand im Sommer 2021 unter Corona-Einschränkungen an einem Freiluft-Spielort statt, was zu kleinen Abstrichen beim Sound führt. Das tut dem Vergnügen aber keinen Abbruch, endlich einmal den französischen und den italienischen Liebestrank aus dem fast gleichen Jahrgang parallel verkosten zu können! Santé!

Infos zur CD

Daniel-François-Esprit Auber:
"
Le Philtre"

Patrick Kabongo (Tenor)
Emmanuel Franco (Bariton)
Eugenio Di Lieto (Bass)
Luiza Fatyol (Sopran)
Adina Vilichi (Sopran)
Chor und Orchester der Krakauer Philharmoniker, Luciano Acocella

Label: Naxos

Sendung: "Piazza" am 18. März 2023 ab 8.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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