Mit der neuen CD des Klavierduos Tal und Groethuysen ist es ein bisschen so wie mit einem spontanen Gast, der nur kurz "Hallo" sagen will, dann aber doch den ganzen Nachmittag bleibt. Behutsam und fast beiläufig schleicht sie sich ins Ohr. Doch bald wird aus einer harmlos-netten Plauderei ein fesselndes Gespräch.
Bildquelle: Sony Classical
CD- Tipp 22.08.2014
Der CD-Tipp zum Nachhören!
Der Debussy des israelisch-deutschen Duos ist sofort zugänglich. Was nicht bedeutet, dass er nur so angenehm-beiläufig dahin plätschert. Tal und Groethuysen zeigen auch den kontroversen, harschen und hitzigen Debussy. Einen Debussy, der die Schreckensmomente des Krieges musikalisch verarbeitet hat in seinen sechs antiken Epigraphen. Impressionistische Miniaturen, die alle denkbaren Seelenzustände in sich tragen. Und die Tal und Groethuysen feinsinnig dem preisgeben, der sensibel und offen genug ist.
In einer klugen Dramaturgie wechseln sich auf der CD mit dem Titel 1915 Werke von Debussys ab mit Stücken des zwölf Jahre jüngeren Reynaldo Hahn. Ein unterschätzter Komponist, für den es meistens nur zwei Schubladen gibt: die des gutaussehenden Dandys, dem Marcel Proust zeitweise verfallen war, und die des Urhebers gefälliger französischer Unterhaltungsmusik. Tal und Groethuysen zeigen einen anderen Hahn – einen, der in den Wirren des ersten Weltkrieges für die französische Armee kämpft, darüber depressiv wird, aber auch dort, im Donner der Kanonen, noch weiter komponiert. Eine Art Weltflucht.
1915 vollendet Hahn den Zyklus "Das entknotete Band" für zwei Klaviere. Zwölf Walzer, geschrieben unter dem Eindruck des Krieges, einer Zeit "trübseliger Mußestunden", wie Hahn in seinem Kriegstagebuch schreibt. Wer jedoch eine Musik erwartet, die Schmerz in sich trägt, der wird enttäuscht. Hahn muss Galgenhumor besessen haben, so harmlos wie sein Zyklus stellenweise klingt. Tal und Groethuysen geben der Musik dennoch Kontur und Tiefe, wo sie es verträgt.
Es geht um das Wechselspiel zwischen Plauderei und Ernsthaftigkeit, um die Farben und Zwischentöne – die Tal und Groethuysen differenziert und gekonnt beleuchten: das Versonnene, Melancholische, Heitere und alles, was dazwischen liegt.
Yaara Tal und Andreas Groethuysen, Klavier
Claude Debussy:
Six épigraphes antiques, pour piano à quatre main
En blanc et noir, pour deux piano
Reynaldo Hahn:
Le ruban dénoué, 12 valses pour deux pianos
Pour bercer un convalescent pour deux pianos
Label: Sony Classical