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CD - Max Andrzejewksi Hütte & The Homegrown Organic Gospel Choir

Manchmal legt man eine CD auf und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Man glaubt die Musiksprache zu kennen - und plötzlich klingt sie wieder ganz anders. Und dann hört man auf den Text, und der bringt einen wieder neuen Dreh hinein. Der Berliner Jazz-Schlagzeuger Max Andrzejewski ist offenbar ein Spezialist für solche Überraschungen. Seine Band, die aktuellen Jazz schon auch mal mit Elementen eines Garagen-Sounds verbindet, tut sich auf ihrer neuen CD mit einem Chor und einer Gospel-Solistin zusammen.

CD-Cover: Max Andrzejewksi's Hütte & The Homegrown Organic Gospel Choir | Bildquelle: WhyPlayJazz

Bildquelle: WhyPlayJazz

Der CD-Tipp zum Anhören

Ein Gospel-Chor. Wie schön. Erhaben. Beruhigend. Ein Dutzend Frauen- und Männer-Stimmen, offenbar verzückt von ihrer Botschaft. Aber Moment? Was singen die da? Eine "sumpfige Wahrnehmung" unter der Haut? In nächster Nachbarschaft zu den Gedärmen? Die Seele eine Fettschicht? Im Morast des eigenen Körpers, wie es da heißt? Ja: Davon handelt dieses Lied. "Feathery", federleicht, ist sein Titel - und es formuliert den Wunsch, die gefräßige Seele loszuwerden und sich leicht zu fühlen.

Spiel mit Erwartungen

Ein augenzwinkerndes Spiel mit Erwartungen treibt das Ensemble des in Berlin lebenden Schlagzeugers Max Andrzejewksi auf dieser CD. Dass hier eine ganz eigene Art Humor vorherrscht, merkt man schon am Bandnamen. "Hütte", wie kleine, einfache Behausung. Diesmal findet ein ganzer Chor Platz in dieser Hütte. Er nennt sich "The Homegrown Organic Gospel Choir", ist also organisch und selbstgezogen, und damit sind wir dann beim Thema: Es dreht sich auf dieser CD alles ums Essen.

Souliges Schwelgen

"Stomach", "Butter", "Omnivore", "Sugo", "Sugar", "Salt", "Omnivore" und sogar ""Full" heißen zum Beispiel die Stücke. Und man merkt bald, dass diese CD neben ironisch aufgeladenem Chor-Gesang auch satten zeitgenössischen Jazz bietet. Die Musiker in dieser Band sind Saxophonist Johannes Schleiermacher, Gitarrist Tobias Hoffmann, Bassist Andreas Lang - und der Bandleader am Schlagzeug - und sie langen lustvoll zu. Im klang voll-klaren Chor unter der Leitung von Tobias Christl sind so bekannte Stimmen der Jazz-Szene versammelt wie die von Winnie Brückner, Lea W. Frey und Laura Winkler, als Solistin lässt Dorrey Lin Lyles die Töne soulig schwelgen.

Subtiler Sprach-Sound

Ein musikalischer Spaß mit viel Hintersinn und höherem Mitteilungswert sind die elf Stücke dieser CD. Die Texte stammen von der Schauspielerin Sylvana Seddig und dem Theaterdramaturgen Thomaspeter Goergen und sind schillernde Songlyrik voll von subtilem Sprach-Sound und heimtückischem Bedeutungs-Flackern. Da ist die Rede von der "schneidenden Wahrheit" beim Genuss von Fleisch und von Jägern und Sammlern, die glücklich sind beim Knacken von Knochen und wild auf die Farben kleiner Waldbeeren.

Vergnügliches Spiel mit Texten und Tönen

"Jazz has a sense of humour", gab schon der Pianist Horace Silver zu verstehen. Und dieser Humor ist alles andere als oberflächlich. Allmählich wird beim Hören dieser CD der Geschmack unseres leiblichen Konsums auch mal bitter. Und ein Gospel-Chor, der Spirituelles gegen Kulinarisches getauscht hat: was für ein treffendes Zeitbild! Das vergnügliche Spiel mit Texten und Tönen ist hier kein hohler Spaß. Und er ist auf jeden Fall "home-grown organic"!

Max Andrzejewksi's Hütte & The Homegrown Organic Gospel Choir

Johannes Schleiermacher (Saxophon)
Tobias Hoffmann (Gitarre)
Andreas Lang (Bass)
Max Andrzejewski (Schlagzeug, Komposition)
Chor unter der Leitung von Tobias Christl
Dorrey Lyn Liles (Solo-Gesang)

Label: WhyPlayJazz

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