Ein Musiker mit ganz eigenem Vokabular: der Oud-Spieler Anouar Brahem. Der 1957 in Tunesien geborene Musiker ist ein besonders feiner Spieler der arabischen Kurzhalslaute, die mit einem Federkiel angeschlagen wird. Seine Melodielinien haben eine bezwingende Aura - ganz egal, ob sie von einem Kammerorchester oder nur von Klavier und Akkordeon umgeben sind. In ganz neuem Klangbild präsentiert der Musiker sich auf seiner jüngsten CD, "Blue Maqams".
Bildquelle: ECM
Der CD-Tipp zum Anhören
Ein leiser Schlagzeug-Rhythmus - und darüber die Instrumenten-Stimme von Anouar Brahem. Ein Blues sozusagen. Aus Tunesien. So beginnt das Titelstück dieser CD - und es ist repräsentativ. Anouar Brahem, einer der weltweit berühmtesten Spieler der arabischen Laute Oud, hat sich hier mit neuen Partnern zusammengetan. Es sind Schlagzeuger Jack DeJohnette, Bassist Dave Holland und Pianist Django Bates. Drei Weltstars des modernen Jazz. Brahem selbst betrachtet sich nicht als Jazz-Musiker, er vermeidet gängige Kategorien. Als Komponist und Improvisator hat er zwischen arabischen und westlichen Musiktraditionen einen eigenen Ton gefunden - und da ist es besonders spannend zu hören, wie er sich in diesem neuen Quartett bewegt. Er tut es auf scheinbar selbstverständliche Art. Und doch nicht so, als wolle er den Hörern einreden, die Oud sei in den Kellergewölben eines Jazzclubs großgeworden und habe bei Festivals wie Newport oder Montreux die Reifeprüfung abgelegt. Er findet auch hier wieder einen ganz eigenen Klang.
"Blue Maqam" nennt er diese Mischung. Maqam ist das Wort für Modus in der arabischen Musik, also für Tonleiter oder auch Tonart - und "blue", also verschattet-melancholisch, in gemessenem Tempo jazzig ist diese Musik erst recht geworden. Sie ist auch auf besonders warmtönende Art "cool", auf raffinierte Weise entspannt.
Ein besonders feinfühliges Miteinander: Kommunikation mit Fingerspitzen. Und gleichzeitig viel Herz und Bauch. Bassist Dave Holland, den Brahem schon lange kennt, setzt satte, elastische Grooves, Jack DeJohnette zeigt, wie leise er kraftvoll trommeln kann - und Django Bates am Klavier schmiegt sich geradezu in die trancehaften Nuancen von Brahems Musik hinein.
Vier, die einander - und miteinander - viel zu sagen haben. Weil sie einander über etwaige Herkunftsgrenzen hinweg einfach sehr gut zuhören. Das kann man als Modell fürs Leben nehmen - und großartige Töne wirft es auch noch ab.
Anouar Brahem (Oud)
Django Bates (Klavier)
Dave Holland (Bass)
Jack DeJohnette (Schlagzeug)
Label: ECM
Sendung: "Leporello" am 20. Oktober 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK