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CD - Antonio Cesti "L'Orontea"

Die Italiener nennen es "Seicento" - das 17. Jahrhundert hat die ersten Opernkomponisten hervorgebracht: Claudio Monteverdi und Francesco Cavalli etwa. Im gleichen Atemzug sollte man Antonio Cesti nennen: Dessen erster venezianischer Bühnenerfolg, "L'Orontea", erlebte vor zwei Jahren seine Frankfurter Erstaufführung. Ein englisches Produktionsteam nahm sich der fast vergessenen Repertoirerarität an.

CD-Cover Antonio Cesti: "L'Orontea" | Bildquelle: Oehms Classics

Bildquelle: Oehms Classics

Der CD-Tipp zum Anhören

Liebe wird nicht unbedingt erwidert: manchmal gar nicht, manchmal nur halbherzig, manchmal auch sehr - das ist ungefähr die Grundaussage des Librettos dieser Oper. Bevor naturgemäß fehlerhaft konstruierte Lebewesen wie Menschen dauerhaft zueinander finden, verbale Kriegsbeile gegen Friedenspfeifen eintauschen, müssen normalerweise Hindernisse überwunden werden. In Komödien war das schon immer so, selbst wenn sich ihr Personal im Dunstkreis des alten Ägypten bewegt.

Jähe Kontraste

Die irische Mezzosopranistin Paula Murrihy in der Rolle der Titelheldin balanciert den Charakter dieser blaublütigen Dame stimmlich apart zwischen Pflichtbewusstsein und Emotionen aus. Das exotisch gefärbte Libretto des Giacinto Andrea Cicognini ist ein Lustspiel. Musikalisch liegt dem Komponisten Antonio Cesti an der Entwicklung von Rezitativ und Arie als eigenständigen Ausdrucksformen, mit jähen Kontrasten. Durch simple, aber hochoriginelle Melodien und Rhythmen unterstreicht und hinterfragt Cesti eloquent die komplexe Gefühlswelt der Figuren.

Vorzügliche Timbre-Qualität

Der katalanische Countertenor Xavier Sabata zeigt bei seinem Frankfurter Debüt das Maskuline, aber auch das Opportunistische an der Figur des phönizischen Prinzen, der nicht weiß, wer er ist und was er soll. Vorzüglich sind Timbre-Qualität und Phrasierungskünste. Drastische Buffo-Akzente setzen die Sänger Guy de Mey oder Simon Bailey.

Elegisch-weicher Ton

Die Frankfurter Inszenierung von "L'Orontea" enthielt Elemente der Parodie und Travestie. Da gab es sandfarbene Holz-Dünen, ein drehbares Holzhaus in bezeichnendem Rot, einen Thron und eine Büstengalerie, später Partystimmung mit Grillwürstchen unter Palmen, zwischen Liegestühlen und Disco-Lautsprecherwänden. Wie bedeutsam sich demgegenüber in der Musik Cestis ein elegisch-weicher Ton voller Dolcezza ausbreitet, begreift man erst, wenn man die CD auf sich wirken lässt. Unterstützt vom Monteverdi-Continuo-Ensemble auf alten Instrumenten sowie einem kleinen Streicherapparat des Frankfurter Opernorchesters, stellt der Dirigent Ivor Bolton etwas ungemein Kostbares her: die eigentümliche Sogwirkung bewusst sparsam gehaltener Barockklänge und -gesänge.

Antonio Cesti: "L'Orontea"

Paula Murrihy, Mezzosopran - Orontea
Xavier Sabata, Countertenor - Alidoro
Sebastian Geyer, Bariton - Creonte
Juanita Lascarro, Sopran - Tibrino-Amore
Guy de Mey, Tenor - Aristea
Simon Bailey, Bassbariton - Gelone
Matthias Rexroth, Countertenor - Corindo
Louise Alder, Sopran - Silandra
Kateryna Kasper, Sopran - Giacinta
Katharina Magiera, Mezzosopran - Filosofia

Frankfurter Opern- und Museumsorchester
Monteverdi-Continuo-Ensemble
Leitung: Ivor Bolton

Label: Oehms Classics

Sendungsthema aus "Leporello" am 18. April 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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