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CD - Dalmatica Geistliche Musik aus Dalmatien

Archaische Männerstimmen und ätherische Frauenstimmen, altslawische Gesänge und lateinische Liturgie: In Dalmatien begegnen sich nicht nur zwei musikalische Welten, sondern Himmel und Erde.

Dalmatica | Bildquelle: Arcana

Bildquelle: Arcana

Es sind zwei Welten, die sich hier begegnen: auf der einen Seite: Männerstimmen, kraftvoll, erdig, urwüchsig. In kroatischer Sprache jubeln sie über Gottes Größe und Güte. Auf der anderen Seite: ätherische Frauenstimmen, zeitenthoben, engelgleich, lichtdurchflutet - selbst dann noch, wenn sie den alten lateinischen Karfreitags-Gesang von der Anbetung des Kreuzes anstimmen. In Dalmatien existierten beide Welten jahrhundertelang gleichberechtigt nebeneinander - oft sogar im gleichen Dorf oder auf dem gleichen Inselchen an der zerklüfteten Adriaküste. Papst Innozenz IV. hatte den Kroaten 1248 gestattet, die Liturgie sowohl in lateinischer als auch in kirchenslawischer Sprache zu feiern. Und so entwickelte sich dort eine zweisprachige Tradition, finden sich in den mittelalterlichen Messbüchern neben gregorianischen Gesängen auch altslawische Lieder in glagolitischer Schrift - Zeugen einer archaischen Musiziertradition, rau, fremdartig, dissonanzenreich.

Zwei musikalische Welten

Mit dem Ensemble Kantaduri um den Sänger Josko Caleta und dem Ensemble Dialogos unter der Leitung der Musikwissenschaftlerin Katarina Livljanic begegnen sich nicht nur zwei liturgische Sprachen und zwei musikalische Welten, sondern auch zwei Interpretationszugänge. Hier die lebendige Tradition der mündlichen Überlieferung, die Weitergabe der glagolitischen Gesänge von Generation zu Generation; dort das Studium vergessener Manuskripte, das Entziffern alter Noten. Welcher Zugang ist der authentischere? Beide gehören zusammen, finden Katarina Livljanic und Josko Caleta. Zumal beispielsweise ein Sanctus, aufgezeichnet im 13. Jahrhundert in der kroatischen Stadt Zadar, herbe Zusammenklänge aufweist, die man kaum anderswo im damaligen Europa findet, wohl aber in der volkstümlichen Tradition.

Himmel und Erde

Manchmal überlappen sich die beiden Ensembles sogar, erklingen verschiedene Gesänge gleichzeitig - ein Effekt, der im Konzert, in den Weiten einer großen Kirche, allerdings überzeugender wirkt als auf CD. Beeindruckend ist die Aufnahme auch so - durch die Vielfalt des Repertoires, den klanglichen Reichtum der zehn Musiker, die Expressivität ihres Gesangs. Gleich ob wir die bittere Reue des Judas miterleben, bevor er sich erhängt, oder ein zärtliches Wiegenlied für das Jesuskind - die Musik geht unter die Haut. Denn in diesem Dalmatien begegnen sich nicht nur zwei musikalische Welten, sondern auch: Himmel und Erde.

Dalmatica - Dalmatica - Adriatische Gesänge

Dialogos: Katarina Livljanic, Kantaduri: Jósko Caleta
Label: arcana

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