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CD - Andreas Bach spielt Bartók, Klavierwerke, Folge 2

Den Komponisten Béla Bartók verbindet man schnell vor allem mit drei Dingen: der Klavierschule "Der Mikrokosmos", mit seinen intensiven wissenschaftlichen Recherchen der ungarischen Volksmusik und mit der Oper "Herzog Blaubarts Burg". Bevor Bartók jedoch seinen eigenen Stil gefunden hat, komponierte er einige Klavierstücke, die Andreas Bach für seine Gesamteinspielung aller Werke für Klavier solo von Bartok beim Label Hänssler Classic aufgenommen hat.

CD-Cover Andreas Bach spielt Bartók (Vol. 2) | Bildquelle: hänssler classic

Bildquelle: hänssler classic

CD-Tipp 18.7.2015

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Da ruht seine rechte Hand auf seinem Oberschenkel, nur die linke Hand des Pianisten wandert, springt und rollt über die Tasten. Eine Studie allein für die linke Hand, das war eine der ersten Ideen, die der frisch gebackene Absolvent der Budapester Musikakademie Béla Bartók im Jahr 1900 zu Papier brachte. Knapp acht Minuten spätromantisches Wühlen und Ackern, überhöht durch  pathetische Gesten, die einen späten Brahms vermuten und auf jeden Fall den Virtuosen Liszt hervorblitzen lassen. Einem Liszt-Schüler und zugleich seinem eigenen Klavierlehrer István Thomán hatte Bartok diese Studie gewidmet, von der er stolz seiner Mutter vorschwärmte: es klinge so, als ob man es nicht mit einer, sondern "mit drei Händen" spiele.

Bartóks frühe Klavierwerke versprühen pianistischen Glanz und Glamour, abgelauscht und abgeschaut bei seinem ungarischen Komponistenkollegen Liszt. Zauberhafte Tastenträumereien mischen sich mit gewaltigen leidenschaftlichen Szenen. Tänzerisches Temperament pulsiert vor impressionistischem Leuchten. Ganz im Fahrwasser von Liszt versuchte sich der 23-jährige an der freien Form der Rhapsodie. Erste ungarische "Volkstöne" in Motiven und Melodien blitzen aus diesem wuchtigen Klanggebirge hervor. Bartók folgte wie viele Zeitgenossen dem kulturpolitischen Trend, einen originär nationalen Stil zu etablieren, um sich von der österreichischen Übermacht abzusetzen. Dieser Musikpatriotismus basiert jedoch mehr auf folkloristischen Wahrnehmungen als auf profunden musikethnologischen Studien. Den Mann, der Bartok für die ursprüngliche Volksmusik Ungarns für den Rest seine Lebens entflammte, Zoltan Kodály, sollte er erst ein Jahr später kennenlernen.

Der Pianist Andreas Bach hatte für seine Einspielung die seltene Chance, Klavieraufnahmen von Béla Bartók zu studieren. Im Booklet beschreibt Bach Bartóks Ton als rund und dynamisch eher zurückhaltend, nicht markant und rhythmisch dominiert, also gerade nicht in der Art, wie man die meisten von Bartóks Klavierstücken heute kennt. Auch wenn Andreas Bach die große dynamische Palette des heutigen Konzertflügels mit gekonnter Selbstverständlichkeit bespielt, versteht er es, abgründige Binnenschichten zu kreieren und hinter den spätromantischen Farben und dem akademisch-steifen Nationalkolorit das Neue und das Mutige des Ungarn zu zeigen. Bach beeindruckt als Pianist, der in Bartóks frühem Suchen und Forschen ein Ohr für die rigorosen und mystisch lakonischen Zwischentöne hat.

Béla Bartók: Sämtliche Werke für Klavier solo

Vol. 2 - Der romantische Bartók
Trauermarsch aus "Kossuth"
Rhapsodie op. 1
Zwei Elegien
Vier Klavierstücke
Andreas Bach (Klavier)
Label: Hänssler Classic

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