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CD - Johannes Brahms Kammermusik mit dem Trio Wanderer

"Es ist nicht schwer zu komponieren, aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen." Wenige Komponisten haben so oft und vor allem so lange mit ihren Werken gehadert wie Johannes Brahms. 14 Jahre schrieb er an seiner Ersten Symphonie, mit Beethovens Geist im Nacken und im engen Austausch mit Freunden wie Clara Schumann und Joseph Joachim. Schnell ging im Vergleich dazu die Arbeit am ersten Klaviertrio: 1854 im Januar war es fertig, drei Monate, nachdem Brahms zum ersten Mal Robert Schumann begegnet war.

Johannes Brahms: Kammermusik | Bildquelle: Harmonia Mundi France

Bildquelle: Harmonia Mundi France

CD-Tipp 17.02.2016

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Das Trio H-Dur op. 8 wurde sein erstes publiziertes Kammermusikwerk, zufrieden war Brahms deswegen noch lange nicht. Er hätte, schreibt er seinem Verleger, "das Trio auch gern noch behalten, da ich jedenfalls später darin geändert hätte." Skrupel, Unzufriedenheit, Selbstzweifel – 35 Jahre halten die im Fall des H-Dur-Klaviertrios an, bis Brahms 1889 die Nerven verliert und das Stück ziemlich radikal umschreibt, komprimiert, strafft, glättet. Seinem Verleger Simrock schreibt er: "Wegen des verneuerten Trios muss ich noch ausdrücklich sagen, dass das alte zwar schlecht ist, ich aber nicht behaupte, das neue sei gut! Was Sie mit dem alten anfangen, ob Sie es einschmelzen oder auch neu drucken, ist mir, im Ernst, ganz einerlei. Ich meine nur, daß das alte sich fortdauernd schlecht verkaufen wird, nicht des vielen Hässlichen wegen, sondern der vielen unnützen Schwierigkeiten drin."

Nebeneinander von Alt und Neu

Was Brahms als "unnütze Schwierigkeiten" geißelt, empfinden Clara Schumann und Elisabet von Herzogenberg positiv als überschwänglichen Sturm und Drang. Den vermissen sie zusammen mit der jugendlichen Frische des Originals, und bedauern das Nebeneinander von Alt und Neu im "verneuerten Trio". Durchgesetzt hat es sich trotzdem.

Spannendes, sprödes Fundament

Das französische Trio Wanderer, seit Jahren erste Wahl für exzellente Kammermusik-Aufnahmen, hat sich der heute ungebräuchlichen, frühen Fassung des Stücks von 1854 jetzt auf CD angenommen. Natürlich kennen und lieben die 3 Musiker auch die prominente Spätfassung; von der her nähern sie sich den stilistischen Reibungen, den Schroffheiten, den überraschend  wilden Ausbrüchen des Frühwerks, ohne zu beschönigen, ohne zu vertuschen, ohne zu werten. Und legen damit für alle, denen das H-Dur-Trio von Brahms ein Herzensstück ist, ein spannendes, sprödes Fundament offen, das man vielleicht nicht unbedingt gegen das Meisterwerk von 1889 eintauschen, aber ergänzend liebgewinnen möchte.

Johannes Brahms: Kammermusik

Klaviertrio Nr. 1 h-Moll, op. 8
Klavierquartett Nr. 3 c-Moll, op. 60

Trio Wanderer
Christophe Gaugue, Viola
Label: Harmonia Mundi France

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