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CD - Camille Saint-Saëns "Ascanio"

Gerne warfen die Opernkomponisten der Romantik einen Blick zurück ins Zeitalter der Renaissance: zum Beispiel auf den Bildhauer und Goldschmied Benvenuto Cellini. Rund 50 Jahre nach der gleichnamigen Oper von Hector Berlioz erschien 1890 ein Bühnenwerk über den gleichen Stoff: von Camille Saint-Saëns! Der jedoch benannte seinen fünfaktigen Beitrag nach Ascanio, den Lieblingsschüler und Adoptivsohn Cellinis. Die Weltersteinspielung dokumentiert in ungewöhnlichem Buchformat (mit den CDs in den Buchdeckeln) eine konzertante Aufführung aus Genf.

CD-Cover Camille Saint-Saëns: "Ascanio" | Bildquelle: B-Records

Bildquelle: B-Records

Der CD-Tipp zum Anhören

Der Mann war irgendwo in Algerien verschwunden – spurlos! Seinen Pariser Haushalt hatte er aufgelöst: Fernab seiner gewohnten Umgebung wollte Camille Saint-Saëns den Tod der Mutter verarbeiten. In der Heimat aber war die Aufregung groß, schließlich fehlte der Maitre bei den Proben zur Uraufführung seiner neuen Partitur: "Ascanio".

Bariton in der Hauptpartie

Längst war er eine lebende Legende, ein Nationaldenkmal, als 1890 in Abwesenheit des Komponisten "Ascanio" in der Pariser Académie Nationale de Musique herauskam. Aus Respekt vor Berlioz und dessen Oper "Benvenuto Cellini" hatte Saint-Saëns die historische Künstlerpersönlichkeit der Renaissance nicht zum Titelhelden gekürt, wohl aber gleichfalls zur Hauptrolle gemacht. Cellini ist diesmal kein Tenor, sondern Bariton: Und Jean-Francois Lapointe setzt die vokalen Glanzlichter der Weltersteinspielung.

Plastische Modellierung der Motive

Nicht Cellini, sondern der Titelheld Ascanio kommt im Tenorgewand daher: Und Bernard Richter bewährt sich. Zur homogenen Besetzung gehört außerdem die Mezzosopranistin Ève-Maud Hubeaux, deren Stimme im Souterrain genauso viel Vergnügen bereitet wie im Dachgeschoss. Über 190 Minuten kann der Dirigent Guillaume Tourniaire vom beachtlichen Niveau seiner Instrumentalisten zehren: dem jungen Orchestre de la Haute école de musique de Genève. Dass die Melodie an sich auch bei textgebundenem Repertoire eine eigenständige narrative Facette der Musik ist, braucht Tourniaire niemand zu erklären: Sobald es um die plastische Modellierung der zahlreichen Erinnerungsmotive geht, bleiben hier keine Wünsche offen.

Großartiges Orchester

Die Instrumentationskunst von Saint-Saëns scheint durch die Präsentatoren stets staunend unter das Mikroskop gelegt zu werden. Zumal während der Ballettmusik, die inhaltlich den Bogen zu mythologischen Stoffen schlägt. Eine rundum angemessene Entscheidung war es von Seiten der Editoren, auf dem Cover die erlesene Schwarzweiß-Fotoästhetik des großformatigen Booklets mit einer symbolischen Geige anzukündigen - denn das Orchester hat erheblichen Anteil am Gelingen des Unternehmens. Für frankophile Opernfans ein "Must-have".

Camille Saint-Saëns: "Ascanio"

Jean-Francois Lapointe, Bariton – Benvenuto Cellini
Bernard Richter, Tenor – Ascanio
Ève-Maud Hubeaux, Mezzosopran – Scozzone
Jean Teitgen, Bass – Francois I.
Karina Gauvin, Sopran – La Duchesse d'Étampes
Clémence Tilquin, Sopran – Colombe D'Estourville

Choeur de la Haute école de musique de Genève
Choeur du Grand Théatre de Genève
Orchestre de la Haute école de musique de Genève
Leitung: Guillaume Tourniaire

Label: B-Records

Sendung: "Leporello" am 06. November 2018 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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