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CD - Giovanni Stefano Carbonelli Sonate da Camera Nr. 1-6

John Stephen Carbonell war ein angesehener Londoner Weinhändler und sogar Hoflieferant der Royals. Tatsächlich aber wurde dieser Weinhändler als Giovanni Stefano Carbonelli in Livorno geboren. Eigentlich war er Geiger und immerhin so hoch geschätzt, dass ihm Antonio Vivaldi ein Konzert widmete, "Il Carbonelli".

CD-Cover Giovanni Stefano Carbonelli: Sonate da Camera | Bildquelle: Delphian

Bildquelle: Delphian

Der CD-Tipp zum Anhören

Erst nach seiner Einbürgerung 1735 anglisierte Carbonelli seinen Namen und verlegte sich auf das ertragreichere Gewerbe. Da hatte er bereits eine lange Zeit als Chefgeiger am Drury Lane Theatre hinter sich und war eine feste Größe im Musikleben Londons. Von seinen herausragenden Fähigkeiten als Komponist und Geiger gibt es heute nur noch ein einziges Zeugnis: die 12 Sonaten für Violine und Continuo.

Harmonisch vielschichtig

Diese Sonaten stehen in direkter Nachfolge Arcangelo Corellis. Eventuell war Carbonelli sogar dessen Schüler. Carbonelli hat von diesem Modell ausgehend viele zeitgenössische Strömungen aufgegriffen. Stellenweise meint man Vivaldi zu hören, und auch das klingende London eines "George Frideric Handel" hat deutliche Spuren hinterlassen. Carbonellis Musik ist ein gutes Stück vielschichtiger als die seines italienischen Meisters, sowohl im Bereich der Harmonik und der musikalischen Dichte als auch spieltechnisch. Da kann man sich hervorragend vorstellen, wie Carbonelli diese Musik nutze, um auch sein eigenes Können herauszustellen.

Farbige Grundierung

Dieses eindringliche Bild wird ganz maßgeblich durch die Einspielung von Bojan Čičić mit seinem Illyria Consort geprägt. Čičić ist ein außerordentlich virtuoser Geiger, der seine Barockvioline bis in die höchsten Lagen souverän im Griff hat. Er kommt aus Kroatien, hat aber - eine Parallele zu Carbonelli - in London Wurzeln geschlagen: als Professor für Barockvioline am renommierten Royal College of Music. Die Generalbassgruppe ist neben der geforderten Bassgambe und Cembalo auch mit Lauteninstrumenten und Orgel besetzt, was für eine farbige Grundierung dieser ersten sechs Sonaten sorgt.

Gelöste und freie Verzierungen

Čičić spielt mit den Kontrasten zwischen mitreißend virtuosen Passagen, den komplexen Fugen und ausdrucksstarken Ruhepunkten. Gerade bei diesen bringt er wunderbar gelöste und freie Verzierungen an, die allerdings, und das ist der einzige Kritikpunkt, manchmal die vorgegebenen Linien nur sehr wenig durchscheinen lassen. Der virtuose Gestus, den Čičić - tatkräftig unterstützt von seinen drei Mitstreitern - auch hier anbringt, passt bestens zur Gesamtanlage dieser beeindruckenden Sonaten. Schade nur, dass von Carbonelli nicht mehr Musik erhalten ist.

Giovanni Stefano Carbonelli: Sonate da Camera Nr. 1-6

Bojan Čičić (Barockgeige)
The Illyria Consort
Label: Delphian

Sendung: "Leporello" am 23. Oktober 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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