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CD - Cédric Tiberghien und Alina Ibraghimova Mozarts Violinsonaten

Es gibt Stücke von Mozart, die nicht so leicht kaputt zu kriegen sind. Die Ouvertüre zu Don Giovanni etwa übt auch bei mittelmäßiger Interpretation eine starke Wirkung aus. Bei Mozarts frühen Violinsonaten sieht das schon anders aus. Die werden oft missverstanden - entweder, weil Interpreten sie langweilig finden, was sie nicht sind. Oder weil Interpreten sie an der falschen Stelle interessant finden oder interessant zu machen versuchen, was sie gar nicht nötig haben.

CD-Cover Cédric Tiberghien und Alina Ibraghimova spielen Mozart Violinsonaten | Bildquelle: hyperion

Bildquelle: hyperion

Der CD-Tipp zum Anhören

Hauptquelle der gar nicht so seltenen Missverständnisse ist die Rolle der Geige. Und die ist - vorsichtig ausgedrückt - eher bescheiden. Schon die Bezeichnung "Violinsonate" führt komplett in die Irre. Tatsächlich handelt es sich keineswegs um Sonaten für Violine, die ein Klavier begleitet. Sondern um Cembalosonaten mit Violinbegleitung. Die Geige spielt keinen Ton, der dem Stimmengeflecht im Tasteninstrument irgendetwas Wesentliches hinzufügt. Im Grunde gibt die Geige nur ein paar farbliche Akzente. Was berühmte Geigenvirtuosen nicht davon abgehalten hat, die eigenen paar Noten mikrofontechnisch ganz in den Vordergrund rücken zu lassen, während das Klavier sich irgendwo im Hintergrund abkämpft, obwohl es die Hauptsache beizusteuern hätte. Nichts davon bei Alina Ibraghimova und Cédric Tiberghien.

Spezialistin für historische Insturmente

Ibraghimova, aufgewachsen in der russischen Schule des Violinspiels, gehört technisch zu den herausragenden Virtuosinnen der Gegenwart. Aber sie ist außerdem eine der führenden Spezialistinnen für historische Instrumente. Mit dieser doppelten Qualifikation bringt sie ideale Voraussetzungen mit für eine Gesamteinspielung von Mozarts Violinsonaten. Bei den Frühwerken nimmt sie sich als Teamplayer zurück, gibt ihrem absolut ebenbürtigen Partner Cédric Tiberghien am Klavier Raum für den großen Auftritt, reizt dabei aber die ebenso bescheiden wie klug gesetzten Akzente in der Violinstimme wirkungsvoll aus. Und siehe da: Von Langeweile oder Schematik ist in dieser viel zu selten gespielten Musik keine Spur!

Mit Liebe und Begeisterung

Ja, diese Musik ist zerbrechlich, sie funktioniert nicht von allein. Neben technischem Können setzt sie auch Wissen um die Aufführungsgepflogenheiten der Zeit voraus. Vor allem aber braucht sie Liebe und Begeisterung. Wenn das alles gegeben ist, steht auch ihrer Wirkung nichts mehr im Weg. Schon der achtjährige Mozart komponiert besser als alle seine Zeitgenossen.

Was den Genuss dieser Doppel-CD noch deutlich steigert, ist der unmittelbare Vergleich von Werken aus allen Lebensphasen. In der F-Dur-Sonate Köchel 547 etwa darf sich die Geige endlich nach Herzenslust aussingen und als gleichberechtigter Partner des Klaviers immer wieder auch die Initiative ergreifen.

Leicht wie ernst

Alles in allem ermöglicht dieses Aufnahmeprojekt eine ungemein bereichernde Auseinandersetzung mit einem eher unterschätzten Teil von Mozarts Werk. Wach und lebendig gestaltet, mit Leichtigkeit und Spielwitz, aber auch mit Gespür für den existenziellen Ernst, der beim reifen Mozart immer wieder aufblitzt - und reif war er (jedenfalls als Komponist) ja schon unglaublich früh. Wer Mozart liebt, sollte diese Einspielung kennen.

Cédric Tiberghien und Alina Ibraghimova

Wolfgang Amadeus Mozart:
Sonaten für Violine und Klavier
Vol. 1-3 (Gesamteinspielung)

Alina Ibragimova (Violine)
Cedric Tiberghien (Klavier)

Label: Hyperion

Sendung: "Leporello" am 24. Mai 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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