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CD - Clarion Quartet "Breaking the Silence"

"Clarion" bedeutet "Fanfare" und dieser Name ist Programm beim Clarion Quartet. Denn die vier Musikerinnen aus den Reihen des Pittsburgh Symphony Orchestra haben sich zum Streichquartett formiert, um all jenen Komponisten eine Stimme zu verleihen, die durch politische Repression verstummten. Mit seiner Debut-CD unter dem Titel "Breaking the silence" widmet sich das Clarion Quartet Kammermusik von Erich Wolfgang Korngold, Viktor Ullmann und Erwin Schulhoff.

CD-Cover Breaking the Silence | Bildquelle: Klanglogo

Bildquelle: Klanglogo

Den CD-Tipp zum Anhören

Eine nervös zwischen Tanzboden und Traumbild changierende Walzerparodie eröffnet Erwin Schulhoffs aphoristische Suite für Streichquartett. Keine ungetrübte Walzerseligkeit - aber die war ja auch im Ersten Weltkrieg mit der K.-u.-k.-Monarchie untergegangen. Und nun entdeckte eine ganze Generation jüdisch-tschechischer Komponisten die internationale Moderne für sich. Schulhoff studierte in Paris, Köln und Leipzig, experimentierte mit Expressionismus, Dada und Jazz. 1941 wurde er in Prag von der Gestapo verhaftet und starb in einem Internierungslager. Sein Kollege und Landsmann Viktor Ullmann wurde nach Theresienstadt deportiert. Dort schrieb er sein einsätziges, drittes Streichquartett, ein in seiner verzweifelten Schönheit zutiefst berührendes Werk.

Zwischen Spätromantik und Avantgarde

Die Debut-CD der vier erstklassigen Musikerinnen des Clarion Quartet ist weit mehr als eine verdienstvolle historische Wiedergutmachung an politisch verfemten Meistern: Man spürt in jedem Takt ihrer intensiven Interpretation, wie leidenschaftlich die Kolleginnen aus dem Pittsburgh Symphony Orchestra brennen für dieses Repertoire, das wie ein verlorenes Glied zwischen Spätromantik und Avantgarde steht. Und dabei enorme Vielfalt an den Tag legt. Zur selben Generation wie die von den Nazis ermordeten Tschechen Schulhoff, Ullmann, Klein oder Krasa gehört der Wiener Erich Wolfgang Korngold. Zwar konnte er rechtzeitig nach Hollywood emigrieren und dort als Oscar-gekrönter Filmkomponist Karriere machen. Doch in der Nachkriegszeit an seine Sensationserfolge der 20er-Jahre  anzuknüpfen, gelang ihm nicht. Und das, obwohl der langsame Satz des 1945 entstandenen dritten Streichquartetts eine geradezu Mahler’sche Adagietto-Stimmung beschwört. 

Absolut hörenswert

Doch auch Korngold wusste, dass die Zeit nicht stehen geblieben war und erweist sich in den anderen Sätzen seines Op. 34 als moderner Komponist komplexer Strukturen und dissonanter Zuspitzungen. Dass er die Rückkehr in die Alte Welt plante, ist besonders dem Finalsatz anzumerken, der an die Wiener Klassik anzuknüpfen scheint - aus der leicht verzerrenden Perspektive einer neuen Epoche. Absolut hörenswert, wie das ganze Album des Clarion Quartet. Eine solche "Fanfare" für unterbelichtetes Repertoire könnte öfter geblasen - pardon: "gestrichen" - werden.

"Breaking the Silence"

Ewin Schulhoff:
Fünf Stücke für Streichquartett
Viktor Ullmann:
Streichquartett Nr. 3, op. 46
Erich Wolfgang Korngold:
Streichquartett Nr. 3, op. 34

Clarion Quartet

Label: klanglogo

Sendung: "Leporello" am 19. März 2018 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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