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CD - Daniil Trifonov "Chopin Evocations"

Bei aller Liebe zu Frédéric Chopin mag sich auch Daniil Trifonov gefragt haben, ob eine weitere Einspielung der beiden Klavierkonzerte denn unbedingt erforderlich sei. Das ehrt ihn und veranlasste ihn möglicherweise dazu, die Konzerte in ein kluges programmatisches Konzept einzubinden, das jetzt als Doppelalbum unter dem Titel "Évocations" erschienen ist.

CD-Cover: Daniil Trifonov - "Chopin Evocations" | Bildquelle: Deutsche Grammophon

Bildquelle: Deutsche Grammophon

Der CD-Tipp zum Anhören

Heraufbeschworen werden neben Chopin Komponisten, die ihm die Ehre erwiesen haben oder sich von ihm inspirieren ließen, Robert Schumann in seinem "Carnaval", Edvard Grieg mit seiner "Hommage à Chopin", Samuel Barber in einem Nocturne, Tschaikowsky mit einem seiner Morceaux op. 72 und Frederic Mompou in den zwölf Variationen über Chopins Prélude in As-Dur, mit die spannendsten zwanzig Minuten dieser knapp anderthalb Stunden Musik.

Schüler und Lehrer

All diese Erinnerungen, Mompous Variationen mit ihrer interessanten, ein wenig diffusen Harmonik wohl am stärksten, hüllen Chopin in ein eher abgedunkeltes Licht, eine leicht morbide Aura. Atmosphärisch erinnert das alles eher an den späten, kränklichen Chopin als an den vitalen, von Aufbruch erfüllten jungen Mann der Warschauer Jahre. Doch genau den setzt Trifonov den "Évocations" entgegen, eben mit den um 1830 komponierten Klavierkonzerten sowie mit dem kurz zuvor entstandenen Rondo op. 73 für zwei Klaviere. Von unglaublicher Eleganz, Lebenslust und Poesie ist dieses Werk des gerade Achtzehnjährigen Chopin erfüllt. Und Trifonov serviert es gemeinsam mit seinem ehemaligen Lehrer Sergei Babayan mit hinreißender Delikatesse.

Leichtigkeit, Feinheit und Noblesse

Überhaupt sind es wieder einmal weniger die offenbar grenzenlosen technisch manuellen Fähigkeiten dieses 26-jährigen Wunderpianisten, die restlos begeistern, in erster Linie ist es Trifonovs Musikalität, die klare Leichtigkeit, Feinheit und Noblesse seines Anschlags. Nichts davon stellt er zur Schau, alles kommt wie selbstverständlich daher, wirkt insgesamt wie ein einziges Understatement und mündet doch in einen unendlichen Reichtum an Farben, Ausdruck und offenkundiger Liebe zur Musik. Ja, Trifonov nimmt sich manche Freiheit, doch er schlägt nie über die Stränge, alles bleibt durchdacht und klug gestaltet. Wer Zirkus möchte, muss anderes hören.

Neue Orchestrierung

Des Orchesters, selbst des klangschönen Mahler Chamber Orchestra, bedürfte es fast gar nicht. Mikail Pletnev störte nicht zu Unrecht die originale Orchestrierung, weshalb er eine eigene, klanglich verschlankte Fassung erarbeitete, die vor allem den Bläsern mehr Raum gibt. Das ändert allerdings nichts daran, dass auch ihm die Orchestereinleitung des ersten Klavierkonzerts leicht pastos und bräsig gerät. Den wunderbaren Gesamteindruck, den Daniil Trifonov mit seinem neuen Doppelalbum hinterlässt, vermag das nicht zu trüben.

Daniil Trifonov - "Chopin Evocations"

Frédéric Chopin:
Klavierkonzerte Nr. 1 und 2
Rondo op. 73
Fantaisie-Impromptu  op. 66
Chopins Variationen über Mozarts "Là ci darem la mano" op . 2
Robert Schumann:
Carnaval, Nr. 12
Edvard Grieg:
Hommage à Chopin op. 73 Nr. 5
Samuel Barber:
Nocturne op. 33
Peter Tschaikowsky:
Un poco di Chopin op. 72 Nr. 15
Frederic Mompou:
Variationen über ein Thema von Chopin

Daniil Trifonov (Klavier)
Sergei Babayan (Klavier)
Mahler Chamber Orchestra
Leitung: Mikhail Pletnev

Label: Deutsche Grammophon

Sendung: "Leporello" am 13. Oktober 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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