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CD - Daniil Trifonov spielt "Liszt - Transcendental"

Bereits jetzt wird er zu den größten Pianisten der Geschichte gezählt und ist doch erst gerade 25 Jahre alt: Daniil Trifonov, den die Leser des britischen Musikmagazins "Gramophone" vor kurzem zum "Künstler des Jahres 2016" wählten. Nach seinen hochgelobten Einspielungen von Werken Chopins und Rachmaninows hat sich das russische Klaviergenie nun auf einen weiteren Gipfelsturm begeben und den Klavieretüden Franz Liszts zugewandt.

CD-Cover: Daniil Trifonov: "Liszt - Transcendental" | Bildquelle: Deutsche Grammophon

Bildquelle: Deutsche Grammophon

CD-Tipp 07.10.2016

Daniil Trifonov: "Liszt - Transcendental"

"Transcendental" - der Titel des Doppelalbums von Daniil Trifonov mit sämtlichen Klavieretüden von Franz Liszt gibt schon einen Hinweis, wohin die Reise geht. Denn tatsächlich hat das Liszt-Spiel dieses russischen Tastenzauberers einen Zug zur Transzendenz, etwas Grenzüberschreitendes, zu neuen Deutungsufern Aufbrechendes. Er will die Modernität des Komponisten verdeutlichen, die kühnen harmonischen und strukturellen Neuerungen aber auch das geradezu spirituelle Streben nach Erweiterung der Ausdrucksmöglichkeiten.

Interpretatorischer Blick nach vorn

Für den jungen Ausnahmepianisten sind Liszts "Transzendentale Etüden" trotz ihrer extremen technischen Anforderungen mehr Tongedichte als Etüden. Musikalische Miniaturen mit poetischen Themen, wie die persönliche Entwicklung eines Helden vom energetisch-jugendlichen Aufbruch bis hin zur meditativen Einkehr. Mit einer so noch nicht gehörten Konsequenz enthüllt Trifonov etwa in der wild aufrauschenden "Mazeppa" aus den zwölf "Ètudes d’exécution transcendente" das Tiefgründige und die Zukunftsmusik. So pointiert er die innovativen Figurationen und Mischklänge mit fast schon exzentrischem Elan zu Vorboten eines Impressionismus oder gar Minimalismus. Dieser Blick nach vorn prägt auch seine Lesart der späten Konzertetüde "Gnomenreigen" - eine skurril-fantastische Tonmalerei mit zukunftsweisenden kompositorischen Mitteln.

Bruch mit der Tradition

Daniil Trifonov geht es in seiner Interpretation der Liszt-Etüden um das Avantgardistische hinter dem Virtuosen, das provokant mit der Tradition bricht. Dieses Anliegen ist selbst in so populären "Hits" wie der höllisch vertrackten Paganini-Etüde "La campanella" unüberhörbar. Trifonov enthält sich in dieser komplexen Hommage Liszts an den großen Virtuosen jeglicher Schönfärberei oder bloßem Tastengeklingel. Stattdessen spürt er mit atemberaubender Glut der verführerischen Dämonie in Ausdruck und Konstruktion dieser Musik nach. Sein Liszt-Spiel lässt immer wieder aufhorchen und fördert bisher Unerhörtes, ja Überraschendes darin zutage. Daniil Trifonov macht mit dieser rundum empfehlenswerten CD so überzeugend wie mitreißend klar, dass die technischen Herausforderungen in den Klavieretüden Franz Liszts kein Selbstzweck sind, sondern im Dienste einer kompositorischen und expressiven Vision stehen.

"Liszt - Transcendental"

Franz Liszt:
12 Études d'exécution transcendante, S. 139
2 Études de Concert, S. 145
3 Études de Concert, S. 144
Grandes Études de Paganini, S. 141

Daniil Trifonov (Klavier)
Label: Deutsche Grammophon

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