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CD - "Symphonies pour les Soupers du Roy" Michel-Richard Delalande

Friedrich der Große soll, als man ihm vom Versailler Zeremoniell berichtete, dem sich Frankreichs Sonnenkönig Ludwig XIV. tagtäglich und unentwegt unterzog, gespottet haben, er selbst würde sich ja für derlei sofort einen Stellvertreter zulegen.

CD-Cover: Michel-Richard Delalande - Symphonies pour les Soupers du Roy | Bildquelle: Challenge Classics

Bildquelle: Challenge Classics

CD-Tipp 19.03.2015

Der CD-Tipp zum Nachhören!

In der Tat: Vom königlichen Stuhlgang bis zum Messbesuch, vom Aufstehen bis zum Zubettgehen, all das fand in unterschiedlichen Abstufungen von Öffentlichkeit statt, war Teil einer feinst ausgetüftelten höfischen Inszenierung. Ludwig XIV. - ein Mann, der praktisch nie alleine war. Wer aber war er "privat", als Mensch? Wir wissen es kaum. Aber wir wissen von einem Musikstück, das er anscheinend besonders liebte: Die "Grande Pièce in G, Fantasie ou Caprice que le Roy demandoit souvent", "die der König oft zu hören wünschte", wenn er, wieder in Gegenwart zahlreicher Höflinge, Gäste und Zuschauer, zu Abend speiste. Erstaunlich herbe, elegische Musik voller zarter Nuancen. Gebot der strahlenden Monarch auch über melancholische Regungen?

Königliche Abendbrotmusik

Komponiert hat das glutvolle Stück Michel-Richard Delalande, Surintendant de la Musique du Roy, Sous-Maître de Musique et Compositeur de la Chapelle, Compositeur de la Musique de la Chambre usw. usw., über vierzig Jahre im Dienste Ludwigs XIV. und XV.. Am Ende seines Lebens hatte Delalande – das muss man erst mal schaffen – in Versailles mehr musikalische Ämter angehäuft als sein überehrgeiziger Vorgänger Jean-Baptiste Lully und war damit einer der einflussreichsten französischen Musiker seiner Zeit. Hauptaufgabe Delandes war die Komposition sogenannter Grands Motets für die Gottesdienste der Hofkapelle, hier hat er seine größten Meisterwerke geschaffen. Die königliche Abendbrotmusik, die "Symphonies pour les soupers du Roy", waren da eigentlich nur "Nebenprodukte". Aber was für welche: zarte Airs, elegante Menuette, ernste Sarabanden, heißblütige Chaconnen, über 300 Stücke - Musik von höchster Qualität.

Töne von Kupfer und Mattgold

Eine "Erfindung" Delalandes: die herrlichen Soli für ein seinerzeit noch relativ junges Holzblasinstrument, das Fagott. Mit Tönen von Kupfer und Mattgold durchschimmert es die feinen musikalischen Gewebe – Karin Lazar, die Fagottistin des Elbipolis Barockorchesters Hamburg, zaubert daraus traumverlorene Köstlichkeiten. "Elbipolis Barockorchester Hamburg" – können deutsche Nordlichter ihn überhaupt treffen, jenen "französischen Ton", diese seltsame Mischung aus Grandeur und Sehnsucht, aus Strenge und Leidenschaft? Und wie sie können, seelenvoll und elegant, farbenreich, feurig bis an den Rand der Wildheit. Delalandes Musik, Unterhaltungsmusik ja eigentlich, bekommt so, etwa in der grandiosen, "tragischen" Schluss-Passacaglia der Ersten Suite, etwas existenziell Dringliches, tief Anrührendes. Wahrhaft königliche Musik, die man, auch wenn man selbst kein König ist, "oft zu hören wünscht".

Michel-Richard Delalande: Symphonies pour les Soupers du Roy

Elbipolis Barockorchester Hamburg
Leitung: Jürgen Groß
Label: Challenge Classics

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