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CD - Dino Saluzzi "Imágenes"

Dino Saluzzi sagt von sich selbst, die Straßen seiner Heimat im ländlichen Argentinien seien seine musikalischen Universitäten gewesen. Hier hat er die Düfte gerochen, die Farben gesehen und die Menschen ihre Geschichten erzählen gehört, von denen seine eigene Musik berichtet.

CD-Cover: Dino Saluzzi - "Imágenes" | Bildquelle: ECM

Bildquelle: ECM

CD-Tipp 30.05.2015

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Meistens spielt bei Saluzzi das Bandoneon eine zentrale Rolle: es ist sein Instrument, seine Stimme, sein Ausdrucksmittel. Es geht aber auch ganz ohne Lokalkolorit und charakteristischen Sound, wie das aktuelle Jubiläumsalbum zum 80. Geburtstag des Argentiniers mit dem Titel "Imágenes" zeigt. Um Bilder zu erzeugen, um "recuerdos" (Erinnerungen) wachzurufen, um "montanas" (Berge) zu besteigen, genügen Dino Saluzzi die 88 Tasten eines modernen Konzertflügels.

Verhangen, introvertiert, fragend

Den spielt er allerdings nicht selbst, sondern vertraut die insgesamt zehn Stücke für Klavier aus den Jahren 1960 bis 2002 einem Landsmann an: dem jungen Pianisten Horacio Lavandera. Die zwei haben sich gefunden, auf dieser stimmungsvollen CD. Oder sind es doch drei? Denn Saluzzis Klavier-Impressionen mit ihrer wunderbar verhangenen, introvertierten, fragenden und bei aller klanglichen Brillanz niemals trotzig-trutzigen Haltung passen perfekt zur Klangästhetik des ECM-Produzenten Manfred Eicher.

Understatement als Gesetz

Steht vorne ECM auf dem typisch reduzierten, diesmal fast lakonischen Cover einer CD, dann kommen aus der Anlage in der Regel Klänge, die sich dem Markt verschließen (und, das ist das Paradox, sich trotzdem gut verkaufen). Nichts ist angepasst, "Understatement" ist das ungeschriebene Gesetz; in den Stücken und ihrer Produktion steckt hörbar Zeit - und genau die fordern sie beim Hören ein. Keine Musik für zwischendurch oder nebenbei, keine Häppchen, auch wenn Saluzzis "Moto perpetuo" nur 1 Minute und 3 Sekunden dauert.

Kompositorische Spiele aus Lust

Sicher, Dino Saluzzis Klavier-Episoden sind keine moderne, keine zeitgenössische Musik im strengen Sinn. Sie spielen mit Mitteln des Impressionismus, des Jazz, der Improvisation, da und dort auch mit der Atonalität. Aber nicht als Imitat, erst recht nicht als Beweis kompositorischer Qualität, sondern aus Lust. Eine Lust, geboren aus der Suche nach dem passenden, dem in jedem Moment neuen und adäquaten Ausdrucksmittel für einzelne Mosaiksteine. Zusammengesetzt ergeben sie die zehn "Imágenes", die einen sofort ansprechen und die man nicht so schnell wieder los wird.

Dino Saluzzi: "Imágenes"

Horacio Lavandera (Klavier)
Label: ECM New Series

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