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An dem stellenweise als unspielbar geltenden Werk "The People United Will Never Be Defeated" des US-amerikanischen Komponisten Frederic Rzewski haben sich schon diverse Pianisten versucht. Nun legt der Belgier Daan Vandewalle eine lohnende Neueinspielung vor.

Bildquelle: ET'CETERA

Der CD-Tipp zum Anhören

Diese Melodie, dieses Lied von Sergio Ortego ist eine Legende: "El pueblo unido" - zu Deutsch "Das vereinte Volk". Für viele Linke hat es als Marsch- und Freiheitslied große Bedeutung. Und das weltweit. Dazu tragen auch die zahlreichen Bearbeitungen des Liedes bei. Unter ihnen auch ein Klassiker der neuen Musik: das einstündige Variationswerk für Klavier solo von Frederic Rzewski. 1975 hat der amerikanische Pianist und Komponist das an Beethovens Diabelli-Variationen erinnernde Kompendium geschrieben. 36 Variationen, jede in einem anderen Stil, die meisten kaum mehr als eine Minute lang.

Kritik an der US-Politik

Mit "The People United Will Never Be Defeated" setzt Frederic Rzewski Mitte der 70er-Jahre neue Maßstäbe. Nicht nur in gesellschaftspolitischer Hinsicht: Die Uraufführung im Rahmen der 200-Jahr-Feiern der Vereinigten Staaten war ein deutliches Statement, eine Kritik an der Politik seines Landes. Wo die USA doch ordentlich mitgemischt hatten am Putsch durch Pinochet. Doch auch pianistisch gesehen ist das Variationswerk ein Meilenstein. Es ist wild und zart, es begehrt auf. Leidenschaftlich, mal von elegischen, angejazzten Melodien getragen, mal wuchtig, zornig und geräuschhaft. Diese Musik klingt stellenweise nach Rock, dann wieder nach der Minimal Music eines Terry Riley oder Steve Reich. Und sie ist immer eindringlich, gerade im kontrastreichen Wechsel von leise und laut, schwelgerisch und brachial.

Höchste pianistische Anforderungen

An den Pianisten, in dem Fall ist das der Belgier Daan Vandewalle, stellt es höchste Anforderungen. Daan Vandewalle spielt "The People United", dieses beinahe unspielbare Werk, höchst akkurat, klar im Ausdruck, aber auch tief-gefühlvoll. Und er schafft es, die scheinbar unverwüstliche, Sehnsuchts-behangene Melodie von Sergio Ortego immer wieder klar herauszuarbeiten, was gar nicht so leicht ist bei dem Wust an Noten.

Diese Komposition von Frederic Rzewski ist jetzt über 40 Jahre alt, und sie hat nichts eingebüßt von ihrer Kraft. Sie schafft es immer noch, einen zu überwältigen. Was für ein Glück, dass Daan Vandewalle dieser Wucht gewachsen ist. Und am Ende darf er sogar noch improvisieren. Das macht er relativ chromatisch-ausufernd, unter Beweis all seines technischen pianistischen Könnens. Zum Schluss dieser lohnenswerten CD dann noch ein letztes Mal das Thema, das einen durch all die kleinen Stücke des Variationswerks hindurch trägt: Sergio Ortegos magische Melodie.

Sendung: "Leporello" am 23. Juni 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK