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CD - Friedrich Wilhelm Rust Der Clavierpoet

Zunächst mag es erstaunen: Ludwig van Beethoven soll einen heimlicher Vorläufer gehabt haben. Dabei es gar nicht so verwunderlich, dass die Klavierwerke von Friedrich Wilhelm Rust bereits auf Beethoven vorausweisen.

Friedrich Wilhelm Rust - Der Clavierpoet | Bildquelle: harmonia mundi / Sony

Bildquelle: harmonia mundi / Sony

Der CD-Tipp zum Nachhören

Beethoven dürfte Rusts Werke tatsächlich kennengelernt haben. Klar, dass bei einem solchen Genie wie Beethoven dann auch etwas hängenbleibt. Friedrich Wilhelm Rust ist eines dieser nahezu unbekannten Bindeglieder, durch die musikgeschichtliche Entwicklungen auf einmal ganz sinnfällig und natürlich erscheinen. Er hatte unter anderem Unterricht bei den Bach-Söhnen Wilhelm Friedemann und Carl Philipp Emanuel. Und gerade bei seinen früheren Sonaten kann man das auch ganz gut hören.

Nachwuchsexperte für historische Tasteninstrumente

Das wunderbare Clavichord dieser Aufnahme nach Christian Gottlieb Hubert wird gespielt von Jermaine Sprosse. Der Nachwuchsexperte für historische Tasteninstrumente hat sich der Klavierwerke Rusts angenommen, und dies ist tatsächlich die einzige derzeit offiziell erhältliche Aufnahme. Dass diese Stücke völlig zu Unrecht vergessen sind, wird hier mit jeder Note deutlich. Neben zwei Sonaten auf dem Clavichord spielt Sprosse auch zwei späte Werke auf einem originalen Johann Andreas Stein-Fortepiano. So wird die Entwicklung nachvollziehbar, die Rust als Komponist durchlief, der ganz eigenständig von der Frühklassik zur Klassik fand.

Zwar gehen im manchmal etwas ungestümen Spiel von Jermaine Sprosse auch ein paar Details unter, dafür überzeugt seine herrlich unmittelbare und frische Musizierhaltung aber auf ganzer Linie. Insbesondere die Tonerzeugung des Clavichord, mit seiner für Tasteninstrumente ganz ungewöhnlich direkten Kontrolle über Anschlag und Klaviersaite, hat Sprosse bestens im Griff. Hier vermeint man zu spüren, wie der Interpret buchstäblich "in die Tasten greift".

Musikgeschichtliche Lücke wird geschlossen

Friedrich Wilhelm Rust trat 1775 die Nachfolge von Johann Friedrich Fasch als Hofmusikdirektor und Leiter des Theaters in Dessau an. Er war weithin respektiert und anerkannt und beeindruckte sogar Johann Wolfgang von Goethe. Neben seinen erfindungsreichen, technisch anspruchsvollen und künstlerisch selbständigen Klavierwerken, schrieb er auch weitere Kammermusik, Kantaten und Bühnenwerke. Mit der Interpretation von Jermaine Sprosse und dem Genuss der herrlichen originalklingenden Instrumente liegt nun eine CD vor, die das Zeug hat, diese bedauerliche musikgeschichtliche Lücke nachhaltig zu schließen.

Friedrich Wilhelm Rust Sonaten in G-Moll, D und C, Variationen über "Blühe liebes Veilchen"

Jermaine Sprosse, Clavichord und Fortepiano
Label: deutsche harmonia mundi

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