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CD - Christoph Willibald Gluck "Orfeo ed Euridice"

Orpheus, den thrakischen Sänger, der mit seiner Musikalität im Reich der Toten so viel Rührung auslöst, dass er seine verstorbene Geliebte wieder zurück ins irdische Leben holen darf – jeder kennt ihn! Der Mann verdient Respekt und Sympathie.

CD-Cover: Christoph Willibald Gluck - "Orfeo ed Euridice" | Bildquelle: Archiv Produktion

Bildquelle: Archiv Produktion

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Nicht jeder allerdings mag Operngesamtaufnahmen im Allgemeinen, manchem reichen einzelne Arien oder Chöre! Die Neueinspielung von Glucks "Orfeo" meint es gut mit dieser Klientel: Denn die erste CD präsentiert ausschließlich Höhepunkte der Oper, einen Querschnitt also. Erst CD Numero zwei und drei liefern die ganze Aufführung.

Wer’s genau wissen will: Der Querschnitt setzt sich hier zusammen aus Highlights der (danach komplett folgenden) Wiener Urfassung von 1762! Angereichert wird er durch nachkomponierte Stücke der Pariser Fassung von 1774, und dazu gehört diese Bravourarie! Franco Fagioli ist Vokalakrobat, unerschrocken gegenüber den Klippen der Partie. Koloraturenketten, wie sie Gluck für Orfeo fand, bereiten Fagioli nirgends Mühe, auch dort nicht, wo sie weit in unbequeme Randzonen der Tonskala führen. Die Stimme des Argentiniers klingt nirgends hysterisch, sondern wie die eines Menschen, der Emotionen gern guttural ins Schaufenster stellt.

Das Minipersonal dieser Oper für drei Solisten ist zu immerhin zwei Dritteln hervorragend besetzt: Mehr als die Schwedin Malin Hartelius, die der Todesangst Euridices stark tremolierenden Ausdruck gibt, vermag die aus dem Umfeld des Dirigenten William Christie bekannte, zart timbrierte Französin Emmanuelle de Negri mit der allegorischen Figur von Gott Amor für sich einzunehmen.

In der Aufnahmegeschichte von Glucks „Orfeo“ muss man Interpretationen von Frauen am Dirigentenpult mit der Lupe suchen: eine Chance, die Laurence Equilbey zu nutzen weiß! Die einstige Schülerin von Nikolaus Harnoncourt hütet sich davor, dem Publikum vorzuschreiben, wie es beispielsweise die Unterwelt konkret auffassen soll: Jeder kann sich dabei denken, was er mag! Das erst 2012 gegründete Originalklangensemble Insula Orchestra musiziert auf hohem Niveau, und der schon ein Vierteljahrhundert alte Chor Accentus zeigt - indem er eigene Akzente setzt -, dass er weiß, was er seinem Namen schuldig ist…

Christoph Willibald Gluck: "Orfeo ed Euridice" (Originalfassung Wien 1762)

Franco Fagioli, Countertenor – Orfeo
Malin Hartelius, Sopran – Euridice
Emmanuelle de Negri, Sopran – Amor
Accentus
Insula Orchestra
Leitung: Laurence Equilbey
Label: Archiv Produktion

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