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CD - Berolina Ensemble Kammermusik von Hans Weisse

"Sie sind jung, sie sind gut, sie mischen die Klassikszene auf. Sie sind: Die Neuen!" – so hieß es über das Berolina Ensemble. Das Kammerensemble aus Streichern und Bläsern wurde 2009 durch die Klarinettistin Friederike Roth und den Geiger David Gorol in Berlin gegründet. Die Musiker sind keineswegs auf Kassenschlager aus, sondern spüren mit Vorliebe vergessene Werke der Spätromantik auf. Raritäten präsentiert auch das jüngste Album mit Kammermusik für Klarinette von einem Komponisten, dessen Nachlass jüngst auf einem Speicher in Massachusetts entdeckt wurde.

CD-Cover Hans Weisse: Kammermusik | Bildquelle: MDG

Bildquelle: MDG

Der CD Tipp zum Anhören

Hugo Kaun, Waldemar von Bausznern, Ernst Rudorff oder Heinrich Hofmann: Die zum Beispiel sind Komponisten, die durch die Berolina-Musiker von trockenen Lexikon-Einträgen wieder zu interessanten musikalischen Persönlichkeiten wurden. Die jüngste Entdeckung des Berliner Ensembles jedoch ist definitiv ein weißer Fleck in der Musikgeschichte: Hans Weisse ist in keinem gängigen Nachschlagewerk verzeichnet, selbst Wikipedia weiß nichts über ihn.

Die Musik spricht für sich

Hans Weisse – 1892 als Sohn eines Theaterdirektors in Wien geboren; Kompositionsstudium bei dem Musiktheoretiker Heinrich Schenker; Wehrdienst im Ersten Weltkrieg. Danach musikwissenschaftliches Studium bei Guido Adler, anschließend Lehrtätigkeit. 1931 Gastdozentur an einer Musikschule in New York und endgültige Übersiedelung in die USA. Dort gestorben im Alter von 48 Jahren: Der Booklettext, der sich ganz auf die akademische Karriere Weisses konzentriert, liefert leider nur diese dürren biographischen Fakten. Kein Hinweis auf persönliche Umstände oder den möglicherweise politischen Grund der Auswanderung; keine Angaben darüber, welche und wie viele Werke er komponierte, wo oder ob sie jemals aufgeführt wurden. Also muss die Musik sprechen – und das tut sie.

Herbstliche Farben und komplexe Faktur

Ein Klarinettenquintett und eine Klarinettensonate von Hans Weisse hat das Berolina Ensemble auf seiner neuen CD zusammengestellt. Wir hören eine Musik, die wunderbar kammermusikalisch gedacht ist, mit feiner Verflechtung aller Stimmen; eine Musik, die in ihren herbstlichen Farben, ihrer komplexen Faktur und sehnsüchtigen Melodik deutlich von Brahms geprägt ist. Was ja kein Nachteil sein muss – selbst Schönberg hielt Brahms bekanntlich für "fortschrittlich". Und Hans Weisse führt die tradierte Wiener Klassik auf persönliche Art in dezent "neue Bahnen".

Für jede Stimmung ein neues Farbspektrum

Die Berolina-Instrumentalisten reagieren sensibel aufeinander und auf die Schattierungen dieser Musik. Skurrile Laune, nebelverhangene Melancholie oder leidenschaftlicher Ausbruch – für jede Stimmung mischen sie ein neues Farbspektrum. Klarinettistin Friederike Roth fügt sich ein in den Ensembleklang und meidet jedes solistische Auftrumpfen. So zeigt auch diese CD, dass es sich lohnt, vom gängigen Repertoire aus nach links und rechts zu schauen und wenn nötig, dabei etwas zu graben. Das Berolina-Ensemble macht es vor – und hoffentlich auch weiter!

Berolina Ensemble spielt Hans Weisse

Hans Weisse:
Klarinettenquintett fis-Moll
Klarinettensonate op. 10

Berolina Ensemble

Label: MDG Scene

Sendung: "Leporello" am 25. April 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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