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CD - Hans Werner Henze Symphonien Nr. 2 und 10

Seit 2002 steht Marek Janowski an der Spitze des Rundfunk-Symphonieorchesters Berlin - und hat dem ältesten deutschen Rundfunkorchester zu einem künstlerischen Höhenflug verholfen. 2008 ernannte das Orchester Janowski zum Chef auf Lebenszeit. Der 75-Jährige zählt längst zu den renommiertesten Dirigenten seiner Generation.

CD-Cover Hans Werner Henze: Symphonien Nr. 2 und 10 | Bildquelle: Wergo

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Der CD-Tipp zum Anhören

In den letzten Jahren machten Janowski und das Rundfunk-Symphonieorchester Berlin mit einem konzertanten Wagner-Zyklus Furore. Und gerade konnten sie einen weiteren Zyklus auf CD abschließen - weniger populär, aber umso verdienstvoller: die Gesamtaufnahme der zehn Symphonien von Hans Werner Henze. Bekannt wurde der 2012 verstorbene Henze vor allem als Opernkomponist, dabei war er auch ein bedeutender Symphoniker. Die letzte Folge der Henze-Edition enthält die Zweite und die Zehnte Symphonie.
Eine düster-elegische Stimmung lastet von Beginn an über der Zweiten Symphonie von Hans Werner Henze. Kein Wunder, ist sie doch nur wenige Jahre nach dem Ende des Nazi-Terrors entstanden, der den jungen Komponisten zum überzeugten Antifaschisten machte. Henzes Zweite Symphonie wurde 1949 als Auftragswerk des Süddeutschen Rundfunks in Stuttgart uraufgeführt. Gewidmet hat sie der 23-Jährige - durchaus selbstbewusst - dem Geburtshelfer der musikalischen Moderne, Hermann Scherchen. Wie vor ihm Alban Berg gelang es auch Henze in seiner Zweiten Symphonie, der Zwölftontechnik tonale und damit humane Züge abzugewinnen. Am Ende droht ein Bach-Choral im orchestralen Tumult unterzugehen - eine drastische Metapher für die ums Überleben kämpfende Kultur.

Rückkehr zu den Wurzeln

Das ist Musik von hochgespannter Expression, die in Marek Janowski ihren idealen Anwalt findet. Packend lotet er den expressiven Gestus der Partitur aus, präzise im Detail und klanglich fein ausdifferenziert. Das gilt zumal für die ein halbes Jahrhundert später entstandene Zehnte Symphonie Henzes, seine letzte. Sie ist dem Uraufführungsdirigenten Simon Rattle gewidmet und vom Wesen des Künstlers inspiriert, seiner Vitalität und seiner Sensibilität. Mit ihren vier Charakterbildern nähert sich Henzes zehnte Symphonie dem klassischen Modell - eine Rückkehr zu den Wurzeln. Im "Hymnus" genannten zweiten Satz können die ausdrucksvollen Streicher des Rundfunk-Symphonieorchesters Berlin ihre Qualitäten ausspielen. Im folgenden "Tanz" ist dann vor allem die umfangreiche Schlagzeuggruppe des Orchesters gefordert. Henzes Altersstil bekommt hier etwas Lässig-Verspieltes, fängt an zu swingen.

Schönheitstrunken, aber nicht affirmativ

Mit seiner Zehnten Symphonie ist Henze ein wunderbares Alterswerk gelungen, virtuos in der Beherrschung der orchestralen Mittel und von einem betörenden Klangfarben-Reichtum. Schönheitstrunken, aber nie affirmativ oder gefällig. Marek Janowski verbindet das Abgeklärte mit dem Sinnlichen. Lässt Henzes Musik geheimnisvoll brodeln, energisch vibrieren und vor dem offenen Ende emphatisch auftrumpfen. Die wieder sorgfältig erarbeitete Studioproduktion mit dem Rundfunk-Symphonieorchester Berlin wird so zum krönenden Abschluss einer vorbildlichen Henze-Edition.

Hans Werner Henze: Symphonien Nr. 2 und Nr. 10

Rundfunk-Symphonieorchester Berlin
Leitung: Marek Janowski
Label: Wergo

Sendung: "Leporello" am 10. Juni 2014, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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