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CD - Jan Dismas Zelenka Der verhinderte Opernkomponist

Acht italienische Arien als klingendes Bewerbungsschreiben um die Kapellmeisterstelle am Hof in Dresden. Hätte Jan Dismas Zelenka den Posten bekommen, wäre vielleicht ein grandioser Opernkomponist aus ihm geworden.

Jan Dismas Zelenka - Italienische Arien | Bildquelle: Accent

Bildquelle: Accent

Der CD-Tipp zum Nachhören

Der Böhme Jan Dismas Zelenka, der 35 Jahre lang in der Kapelle am sächsischen Hof in Dresden wirkte, gehörte lange zu den vergessenen Barockkomponisten. Erst seit Mitte der 1970er Jahre wird die ebenso einfallsreiche wie virtuose Musik Zelenkas wiederentdeckt und mittlerweile gibt es zahlreiche interessante Aufnahmen seiner Werke.

"Böhmischer Bach"

Den 1679 geborenen Geiger und Kontrabassisten angesichts seiner hervorragenden Instrumentalmusik als "tschechischen Vivaldi" zu bezeichnen, scheint verfehlt. Eher hätte er den Titel eines "böhmischen Bach" verdient. Denn Zelenkas zahlreichen katholischen Messen und Oratorien, Psalmvertonungen und Requien, die er für den Dresdener Hof komponierte, sind mehr als nur aller Ehren wert. Besonders die späten Messen sind spannend, düster, expressiv, funkelnd und elegant. Sein Wiener Kompositionslehrer Johann Joseph Fux hatte ihm vieles beigebracht, und er hat ihn deutlich übertroffen. Leider gibt es keine einzige Oper von Zelenka. Und das ist besonders beklagenswert, wenn man sich seine acht italienischen Arien anhört.

Musikalisches Bewerbungsschreiben

Diese italienischen Arien, über deren Librettisten man so gut wie nichts weiß, waren nämlich ein musikalisches Bewerbungsschreiben von 1733 um die Stelle des Vizekapellmeisters. Die hatte Zelenka schon einmal kommissarisch inne, nachdem Johann David Heinichen gestorben war. Doch dann kam das Operngenie Johann Adolf Hasse zusammen mit seiner berühmten Frau, der Primadonna Faustina Bordoni, und wurde erster Kapellmeister in Dresden. Ausgestattet mit einem Star-Gehalt, das zehnmal höher war, als das von Zelenka. Zwar erhielt der Böhme bald darauf die Ehrentitel Hofkomponist und Kirchenkompositeur, doch die Vizekapellmeisterstelle blieb vakant. Und das Opernkomponieren fest in Hasses Hand.

Einziger Ausflug ins Opernfach

Gegen diese hochkarätige Konkurrenz konnte sich Zelenka einfach nicht durchsetzen. Doch angesichts seiner Italienischen Arien, die das tschechische Ensemble Tourbillon unter der Leitung von Petr Wagner gerade mit der Sopranistin Hana Blazikova, der Altistin Marketa Cukrova und dem Bass Tomas Selc seelenvoll und mustergültig eingespielt hat, fragt sich der Opernliebhaber natürlich: Was wäre wenn…? Dass Zelenka, der vermutlich nie in Italien war und Italienisch kaum beherrschte, kleine Schwächen bei der Textvertonung offenbart, sei geschenkt. Denn groß ist er in der Behandlung unterschiedlicher Affekte und seiner raffinierten kammermusikalischen Orchestrierung. Auch wie Zelenka virtuos die Gesangsstimme führt und effektvolle musikalische Wendungen findet, ist beeindruckend. Zu schade, dass der sächsische König diese Qualitäten nicht erkannt hat, und diese acht außerordentlichen Arien Zelenkas einziger Ausflug ins Opernfach geblieben sind.

Jan Dismas Zelenka - Italienische Arien

Hana Blazikova (Sopran)
Marketa Cukrova (Alt)
Tomas Selc (Bass)
Ensemble Tourbillon, Leitung: Petr Wagner
Label: Accent

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