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CD - Johann Joseph Fux "Ave Regina"

Was für ein verschrobener Haufen, der da über Jahrhunderte hinweg die Geschicke des Abendlandes maßgeblich bestimmte! Engherzig waren sie, die Männer und Frauen aus dem Hause Habsburg, und Kosmopoliten, stocksteif und ölgeschmeidige Diplomaten, stumpfsinnig und weltweise, eiskalt berechnend und von einer maßlosen Irrationalität. Und sie waren, was aus all dem zwangsläufig folgt, überall und immer eines: abgrundtief hoffnungslos fromm. Katholisch fromm versteht sich. Und also glühende Marienverehrer.

CD-Cover Johann Joseph Fux - "Ave Regina" | Bildquelle: Deutsche Harmonia Mundi

Bildquelle: Deutsche Harmonia Mundi

Der CD-Tipp zum Anhören

Dass Karl VI., römisch-deutscher Kaiser ab 1711, in seinem Leben gleich mehrmals vom Papst für die Priester seines Herrschaftsbereichs höchst demütig um Erlaubnis eingab, alle Samstage die Heilige Messe zu Ehren der Unbefleckten Empfängnis der Gottesmutter Maria zu lesen - ein politisch-spirituelles Statement, das bei aller heutigen Anmutung von Bizarrerie dann doch seine innere Logik hat. Das Herz hat seine Vernünfte, von denen die Vernunft nichts weiß.

Fux - Kapellmeister Karls VI.

Geistliche Musik zu Ehren Mariens hatten also allzeit Hochkonjunktur in der Wiener Hofburg und den Kirchen, Kapellen und Klöstern in ihrem Dunstkreis. Johann Joseph Fux, Kapellmeister Karls VI. seit 1715, war gut damit beschäftigt, zu liefern, Hymnen, Antiphonen, Motetten, auch Instrumentalsonaten. Sie gehören zu seinen feinsten Kompositionen.

Weg vom Prunk und Theaterdonner

Erstaunlich angesichts des geschilderten hohen Stellenwerts der Gottesmutter im Habsburgischen Weltgefüge: wie äußerlich schlicht Fux ihre Musik oft konzipiert hat: kleine Stücke überwiegend, nicht länger als drei, vier Minuten, bescheiden in den Besetzungen, Solo-Sopran, zwei bis maximal vier konzertierende Instrumente, Geigen, eine Bratsche mal, Flöten, Basso continuo, das war's. Gewiss - es gab ein strenges liturgisches Regime für solche formalen Fragen. Aber vielleicht spiegelt sich darin auch eine eigene Annäherung an das Göttliche in seiner weiblichen, mütterlichen Form: zart, innig, schwärmerisch, absichtlich weg vom allfälligen Prunk und Theaterdonner. So schweben Fux' subtile Klanggewebe zwischen Askese und Sinnlichkeit, hingebungsvoll ekstatisch, dabei verhalten, von komplexer Einfachheit. Gar nicht einfach, diese scheinbaren Widersprüche interpretierend zu verlebendigen - das Österreichische ist eine komplizierte Sache.

Aufrecht, präsent, klar phrasierend

Accentus Austria unter seinem Leiter und Violonisten Thomas Wimmer tut es mit Intelligenz und Intuition, aufrecht, präsent, klangrednerisch klar phrasierend in der Formulierung des melodischen Materials, schwelgerisch, voller Süße, sehnsüchtig-schönheitsversunken im Klang. Und auch Hana Blažíková ist eine Expertin für’s Wiener Repertoire, und ein Glücksfall für die Historische Aufführungspraxis ohnehin. Blažíková führt ihren farbenreichen Sopran stilsicher und in großen Bögen durch Fux sinnenfroh-keusche Koloraturen, nuanciert und voll Leuchtkraft. Johann Joseph Fux - auch im Kleinen einer der Großen unter den Komponisten des Spätbarocks. Ein überzeugenderes Plädoyer geht schwerlich. Diese CD besitzt spirituelle Kraft.

Johann Joseph Fux - "Ave Regina"

Marien-Kantaten und Instrumentalsonaten für die Habsburger Hofkapelle

"Ave Regina caelorum" K 205, 206, 207, 208
"Alma Redemptoris Mater" K 185, 187
"Pia Mater fons amoris" K 176
Sonaten K 346, 369, 369, 377, 379
Sonata Pastorale K 397

Hana Blaziková (Sopran)
Accentus Austria
Leitung: Thomas Wimmer

Label: Deutsche Harmonia Mundi

Sendung: "Leporello" am 17. Mai 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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