BR-KLASSIK

Sie sind so etwas wie das Allerheiligste der Violinliteratur: die sechs Sonaten und Partiten für Violine solo von Johann Sebastian Bach. Christian Tetzlaff hat eine grandiose Neuinterpretation vorgelegt.

Bildquelle: © Ondine

Der CD-Tipp zum Nachhören

Die sechs Sonaten und Partiten für Violine solo BWV 1001-1006 von Johann Sebastian Bach gehören zu den wenigen barocken Werken für Violine, die fast alle großen Geiger zu ihrem Repertoire zählen, nicht nur Spezialisten der historischen Aufführungspraxis.

Dennoch hat auch hier die Originalklangbewegung wegweisend gewirkt, wie bei der jüngst erschienenen Neueinspielung der Sonaten und Partiten von Christian Tetzlaff. Er ist und bleibt Allrounder, ist weder auf Darmsaiten noch Barockbogen umgestiegen, stellt aber doch einige Gepflogenheiten des konventionellen Violinspiels in Frage, wie er im Booklet schreibt:

Bildquelle: © Giorgia Bertazzi "Dazu gehören Themen wie ein gleichmäßiges Vibrato fast aller Noten (was einen natürlich der Ausdruckskraft des Vibratos für wichtige Stellen beraubt). Oder unsinnige Gewohnheiten wie das Aufteilen von 4-stimmigen Akkorden in 2+2 Stimmen für einen ‚gepflegten' Ablauf - mit der Folge, dass die Unterhaltung von vier unabhängigen Stimmen nicht gehört und erfahren werden kann, und alles nach Geigerei klingt. Lautstärken müssen auch dem Inhalt entsprechen dürfen - also auch extremes Piano und Fortissimo an einigen Stellen - statt hehren Beherrschens!"

Natürliche Tiefe

Für seine erste Aufnahme der Sonaten und Partiten hat Christian Tetzlaff 2007 einen ECHO-Klassik-Preis erhalten. 10 Jahre später legt er nun eine grandiose Neuinterpretation vor. Sein Spiel ist inzwischen weniger forciert, dafür wesentlich nuancenreicher und intensiver: "Ich kann die natürliche Tiefe und Freiheit in dieser Musik jetzt mehr genießen."

Feinfühlig

Christian Tetzlaff legt viel Wert auf eine "sprechende" Phrasierung und hat dafür Bachs Autograph genau studiert - ein Spielexemplar, in dem die Strichbezeichnungen nicht den leichtesten Weg vorgeben, sondern strikt der musikalischen Semantik folgen. In seiner Neuaufnahme der Sonaten und Partiten von Bach setzt Christian Tetzlaff Maßstäbe - weil er Bachs musikalische Sprache in jedem Takt ernst nimmt und dabei äußerst feinfühlig mit seinem eigenen Empfinden anreichert.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 17. September 2017, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK