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CD - Keith Jarrett Trio "After The Fall"

So klang er nach zwei Jahren Zwangspause. Erstaunlich. Ein Pianist, der kurz vorher nur unter größten Mühen spielen konnte. Wenn denn überhaupt. Der am sogenannten Chronischen Erschöpfungssyndrom gelitten hatte – und für den nach eigener Schilderung währenddessen die kleinste Bewegung Schwerstarbeit war: Keith Jarrett. Manche hatten schon seinen endgültigen Abschied befürchtet. Und nun also das: Klarer, fließender, scheinbar müheloser Ton. Lässig perlende Einwürfe. Absolute Sicherheit in der Form der Stücke. Ein Spiel mit feinsten Fingerspitzen.

CD-Cover Keith Jarrett Trio: "After The Fall" | Bildquelle: ECM

Bildquelle: ECM

Der CD-Tipp zum Anhören

Keith Jarrett, wie man ihn jahrzehntelang kannte – und auch heute wieder kennt. Im November 1998 hatte er seinen ersten Auftritt nach der Auszeit. Und er spielte wundervoll. Jetzt, zwanzig Jahre später, gibt es dieses Konzert auf einer Doppel-CD. Vielsagender Titel: "After The Fall". Eine Ausgrabung, die überrascht – und überzeugt. Zwölf Stücke, durchweg klassisches Jazz-Material, und zwar alles im Trio eingespielt. Mit den bewährten Partnern Gary Peacock, Bass, und Jack DeJohnette, Schlagzeug.

Musikalische Sicherheitsanker

Da findet sich zum Beispiel ein Bebop-Klassiker von Bud Powell ("Bouncin' with Bud"), an anderer Stelle Stücke aus der Feder von Noel Coward, Paul Desmond oder auch John Coltrane ("Moment's Notice"). Für andere Musiker wären einige der Stücke harte Prüfsteine, für Jarrett waren sie offenbar musikalische Sicherheitsanker. Und wie das Jarrett-Trio hier die Themen zum Leuchten bringt und mit einem für diese Musiker zum Teil ungewöhnlichen Repertoire allerhöchste Trio-Disziplin zeigt, reißt mit und bringt nicht nur Spezialisten zum Schwelgen.

Dokument eines beflügelnden Moments

Ein leises, entspanntes Highlight: "Doxy" von Sonny Rollins. Das hat Blues, Swing und eine fesselnde Eleganz. Und fast meint man beim Hören der beiden CDs zu spüren, wie Jarrett sich bei diesem Konzert allmählich von den Nachwirkungen seines Müdigkeits-Syndroms freispielt. Selten verbreitet einer wie er auch offenbar so viel Spaß am Spiel. Das Klang-Dokument eines beflügelnden Moments – und das beflügelt auch beim Hören.

Keith Jarrett Trio: "After The Fall"

Keith Jarrett (Klavier)
Gary Peacock (Bass)
Jack DeJohnette (Drums)

Label: ECM

Sendung: "Leporello" am 23. März 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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