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CD - L'Arpeggiata & Christina Pluhar "Himmelsmusik"

Musik als Himmel auf Erden: Bis in die Barockzeit hinein sahen die Künstler in den wohlgeordneten Tönen einer Komposition tatsächlich das irdische Abbild des Kosmos. Und dies galt insbesondere für die Kirchenmusik. In ihrer aktuellen CD hat sich die Lautenistin und Ensembleleiterin Christina Pluhar auf die Spuren solcher himmlischen Klänge gemacht. Was sie fand, sind bekannte und unbekannte Kleinodien aus längst vergangener Zeit.

CD-Cover: L'Arpeggiata & Christina Pluhar - "Himmelsmusik" | Bildquelle: Erato

Bildquelle: Erato

Der CD-Tipp zum Anhören

Ja, Christina Pluhar und ihr Ensemble L'Arpeggiata können auch anders. Wer denkt, die Lautenistin stehe nur auf Barock-Remakes mit Blue Notes und locker-groovender Improvisation, der wird hier aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Kein Händel, kein neapolitanischer oder lateinamerikanischer Barock-Folk – jetzt ist sie tief in die norddeutsche Sakralmusik des (Früh-)barock vorgedrungen. Kernrepertoire aller Vokalmusik Vor-Bach'scher Zeit: demütig, inniglich betrachtend, jenseitig sinnenfroh.

Lohnende musikalische Expedition

Zu hören gibt es Musik von selbst Insidern eher unbekannten Komponisten bis hin zum leuchtenden Kulminationspunkt aller protestantischer Sakralmusik, Johann Sebastian Bach. Wer kennt schon den gebürtigen Thüringer und späteren Musikdirektor der Danzinger Hauptkirche St. Katharinen, Crato Bütner oder den gebürtigen Sachsen und Halleschen, Stockholmer und Dresdner Vizekapellmeister Christian Ritter? Dagegen sind Johann Theile, Franz Tunder oder Philipp Heinrich Erlebach längst "alte Bekannte". Doch die Zusammen- und Gegenüberstellung all dieser geistlichen Konzerte zeigt eben auch, wie lohnend diese musikalische Expedition ist. Was sie eint, ist eine tiefe Reinheit der Melodielinien inmitten dialogisierender, kommentierender und zitierender Instrumentalstimmen.

Kein Schnickschnack, sondern klangstarke Glaubensbekenntnisse

Exquisit die Solistengarde! Mit gutem Recht setzt Christina Pluhar voll und ganz auf ihre "Stamminterpreten". Sopranistin Celine Scheen und Countertenor Philippe Jaroussky deklamieren mit vollem Engagement, setzen die musikalischen Affekte plastisch und doch sehr pur und wahrhaftig in Szene. Die zu Herzen gehende Schönheit ihrer blühenden Stimmen, die auch im Verbund mit Tenor Jésus Rodil und Bass Dingle Yandell wunderbar verschmelzen, erhöhen diese frühbarocken Kleinodien zu klangstarken Glaubensbekenntnissen, feinfühlig, sehr melodiös und äußerst transparent von Pluhars Meistertruppe L'Arpeggiata begleitet. Kein Schnickschnack, kein Hin- und Hersegeln zwischen den Stilen, und doch bezwingend zeitlos. Und wenn im letzten Track der CD Johann Sebastian Bachs "Komm süßer Tod" mit Philippe Jaroussky erklingt, ganz einfach, ja ganz allein gelassen geradezu – spätestens dann ist das Glück vollkommen und man möchte nicht mehr auftauchen aus dieser entschleunigenden und so trostspendenden, überirdischen Himmelsmusik.

"Himmelsmusik" - Geistliche Konzerte des norddeutschen Frühbarock

Werke von
Johann Theile,
Johann Christoph Bach,
Crato Bütner,
Christian Ritter
Heinrich Schütz,
Philipp Erlebach,
Franz Tunder,
Johann Rudolf Ahle,
Antonio Bertali

und
Johann Sebastian Bach

Celine Scheen (Sopran)
Philippe Jaroussky (Countertenor)
Jésus Rodil (Tenor)
Dingle Yandell (Bass)
L'Arpeggiata
Leitung: Christina Pluhar

Label: Erato

Sendung: "Leporello" am 14. November 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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