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CD - Lang Lang "New York Rhapsody" Viel Glamour, wenig Schmutz

Nun ist also New York dran. Nach Alben, die Lang Lang den Städten Wien und Paris gewidmet hat, macht der Pianist eine zehn Songs starke Liebeserklärung an die amerikanische Metropole - nach Crossover-Prinzip: klassisch, jazzig, poppig. Mit an Bord sind Stars aus Jazz und R&B wie Herbie Hancock oder Kandace Springs.

CD-Cover Lang Lang "New York Rhapsody" | Bildquelle: SONY Classical

Bildquelle: SONY Classical

Wenn Musiker aus dem Klassikfach ihr angestammtes Revier verlassen und sich an Jazz oder sogar Pop heranwagen, kann das ja gerne mal in die Hose gehen. Auch bei Lang Langs neuer CD "New York Rhapsody" besteht ein gewisses Risiko in dieser Hinsicht. Bombast-Pop wie Alicia Keys' "Empire State of Mind" findet sich neben Klassikern wie Gershwins "Rhapsody in Blue" oder "Moon River". Und sogar das Thema aus "Spiderman" taucht auf.

Lang Lang, gerade eben zu New Yorks erstem Kultur-Tourismus-Botschafter ernannt, glänzt auf diesem Album nicht vornehmlich mit seiner technischen Brillanz. Das hat er auch gar nicht mehr nötig, es hat sich ja doch irgendwie herumgesprochen, wie spielerisch er die Tastatur beherrscht. Und darum geht es hier auch gar nicht. Es geht um New York, diese Stadt mit den tausend Gesichtern und noch mehr Klängen. Eine Stadt, in der man genauso nach oben kommen wie scheitern kann.

Gleich mal das Wichtigste vorweg: Es ist eine schöne CD geworden. Eine harmonische. Und das muss man ja erst mal schaffen bei so einem Stil-Mix. Was fehlt, sind die holprigen Töne, das Schmutzige, die Sounds der Straße. Denn auch das macht ja New York aus. Mit ein paar traditionellen Autohupen und Lastwagengeräuschen am Anfang des ersten Tracks (trotzdem toller Opener: Coplands "Story of our Town" mit Klavier und Synthesizer) ist das abgefrühstückt. Dann geht die Sonne auf, die Stadt erwacht zum Leben. Ja, auch dieses Klischee wurde schon mehr als einmal musikalisch bedient, aber selten so einfühlsam und berührend. Singer-Songwriter Jason Isbell singt "New York Morning". Eine Hymne.

Lang Langs Prominente Mitspieler

Bei den meisten Stücken haben sich Lang Lang und sein Produzent Larry Klein  Sidemen und -women aus Jazz und R&B dazugeholt. Sängerin Kandace Springs zum Beispiel, die Geigerin Lindsey Stirling, den Trompeter Sean Jones und: Herbie Hancock. Mit ihm war Lang Lang schon oft zusammen auf der Bühne, jetzt sitzen sie sich bei der "Rhapsody in Blue" gegenüber (auch nicht zum ersten Mal). Das London Symphony Orchestra im Rücken, entspinnt sich ein fesselnder Dialog zwischen den beiden: Call and response, ganz so, wie es sich für den Blues gehört, aber auch "Übernimm du mal" oder gemeinsames und sich gegenseitig Über-die-Tasten-jagen.

Straßenromantik statt Street-Style

Lichte Momente, aber wie gesagt: die dunklen Seiten New Yorks kommen auf dieser CD zu kurz. Einzig bei Leonard Bernsteins "Somewhere", das mit Lou Reeds "Dirty Blvd." vermischt wurde, findet man sich mal kurz in der Gosse wieder. Wobei man da, musikalisch gesehen, eher von Straßenromantik sprechen muss, als von echtem Street-Style. An der nächsten Ecke lauert - der Kitsch.

Licht aus in New York

Mit Copland beginnt "New York Rhapsody", mit Copland endet es. New York löscht das Licht bei "In Evening Air". Ein Album für junge wie alte Hörer wollte Lang Lang machen. Aber womöglich hat es gar nicht so sehr mit dem eigenen Alter zu tun, ob einem diese CD gefällt, sondern eher damit, wie "open minded" man sich auf Lang Langs synthesizer-untermalte Streifzüge durch New Yorks Straßen einlässt.

Lang Lang - New York Rhapsody

Lang Lang - Klavier
Label: Sony Classical

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