Der Rundfunkchor Berlin, gegründet 1925, ist nicht nur zahlenmäßig der größte Profichor innerhalb der der ARD. Er kann auch auf drei Grammy-Trophäen und auf eine stattliche Anzahl von CD-Produktionen zurückblicken. Zu Letzteren gesellt sich nun, passend zur Jahreszeit, eine Weihnachts-CD: vielleicht ein schönes Last-Minute-Geschenk für alle, die noch auf der Suche sind.
Bildquelle: Carus
CD-Tipp 16.12.2015
Der CD-Tipp zum Nachhören!
Die hier dargebotenen Komponisten stehen allesamt für das Kapitel neuerer Chormusik und haben das Genre auf unterschiedliche Weise reformiert. Der dänisch-stämmige Morten Lauridsen etwa mit seinen süffig-intensiven Vorhaltsreibungen: "O magnum mysterium" war wohl der Ausgangspunkt für die enorme Popularität des gebürtigen Amerikaners; denn in ihr manifestiert sich jene eigentümliche Zeit-Enthobenheit, die wie unter einem Kokon sämtliche Einflüsse von Moderne oder Postmoderne ausblendet. Passend irgendwie zu einem Mann, der ziemlich abgeschirmt auf einer einsamen Insel im US-Bundesstaat Washington lebt. Vier Jahrzehnte früher beschäftigte sich auch der französische Komponist Francis Poulenc in seinen "Quatre motets pour le temps de Noël" mit dem Wunder der weihnachtlichen Geburt. Sein "O magnum mysterium" ist ein in düsterem b-Moll beginnender Satz, der dem Chor gänzlich andere, insbesondere intonatorische Qualitäten abverlangt.
Die Gangart dieser CD, das wird bereits an diesen Beispielen deutlich, ist eine eher anti-romantische. Wobei Heinrich Kaminski (1886-1946), Sohn eines altkatholischen Pfarrers, mit seinem eher schlicht gehaltenen "Maria durch ein‘ Dornwald ging" noch am ehesten an die romantische Epoche anknüpft. Auch diesen symbolhaft dichten Satz mit seiner deutlichen Gewichtung auf den Frauenstimmen, meistert der Rundfunkchor Berlin mit schnörkelloser Intensität.
Während der Dirigent der Einzelstücke und Motetten der Schweizer Nicolas Fink ist, fand die Einspielung von Respighis "Lauda per la Natività" unter Leitung des Letten Maris Sirmais statt, der mit seiner klaren Handschrift dem Neo-Klassizisten Respighi die entsprechende Bühne gibt: facettenreich, rhythmisch klar gegliedert und vor allem sehr flexibel im Umgang mit den verschiedenen Idiomen zwischen Gregorianik, Madrigalstil und Orchestertableau. Eine schöne Alternative zu all der gewohnten zuckerguss-süßen Weihnachtsseligkeit ...
Sven-David Sandström/Michael Praetorius:
"Es ist ein Ros entsprungen”
Heinrich Kaminski:
"Maria durch ein‘ Dornwald ging"
Morten Lauridsen:
"O magnum mysterium"
Günther Raphael:
"Nun komm der Heiden Heiland"
Francis Poulenc:
"Quatre motets pour le temps de Noël"
Ottorino Respighi:
"Lauda per la Natività del Signore”
Rundfunkchor Berlin
Solisten: Yeree Suh, Larissa Funkhauser, Krystian Adam
Polyphonia Ensemble Berlin
Leitung: Nicolas Fink; Naris Sirmais (Respighi)