BR-KLASSIK

Der italienische Geiger Fabio Biondi und sein Ensemble Europa Galante gehören seit nunmehr 27 Jahren zu den Spitzenensembles in der Alte-Musik-Szene. Und sie behaupten ihren Platz völlig zu Recht. Wo andere Ensembles im Laufe der Jahrzehnte von der Routine eingeholt werden und etwas an Schwung verlieren, spielen die Musiker von Europa Galante immer noch mit einer solchen Frische und Spritzigkeit, dass es eine reine Freude ist. Und Fabio Biondi zählt zweifellos zu den besten Violinisten der historischen Aufführungspraxis. Er entlockt seiner 340 Jahre alten Guarneri die allerschönsten Töne.

Bildquelle: Glossa

Der CD-Tipp zum Anhören

Was Biondi hier aus den vier ausgewählten Violinkonzerten des ehemaligen Balletttänzers Jean-Marie Leclair macht, die 1737 als dessen Opus 7 in Paris erschienen sind, ist von einer erhabenen Formschönheit und Akkuratesse, dabei aber voller Wärme und wohltemperierter Leidenschaft.

Ein ganz eigener Ton

Denn Jean-Marie Leclair, der selbst einer der größten Geiger seiner Zeit war und wie ein Engel gespielt haben soll - so behaupten es jedenfalls zeitgenössische Quellen - komponierte ausschließlich für die Violine. Er hatte ganz genaue Vorstellungen, wie seine Konzerte und Sonaten interpretiert werden sollten. Sein Klangideal war Präzision und Sauberkeit in der Ausführung, Angemessenheit und Wärme im Ausdruck sowie sparsamer Umgang mit Effekten. Überflüssige Verzierungen und gezielte Tempowechsel um die Virtuosität auszustellen, hielt Leclair schlichtweg für überflüssig und geradezu kontraproduktiv. Der Franzose vereinigte den virtuosen italienischen Stil mit französischer Grazie und schuf einen ganz eigenen Ton: ausdrucksstark, delikat, technisch anspruchsvoll und dabei dennoch sinnlich.

Formstrenge und Klangfarbenvielfalt

Schöner und angemessener als Fabio Biondi und Europa Galante kann man Leclair eigentlich nicht interpretieren. Man hört im Hintergrund immer ein wenig Locatelli und Vivaldi mitklingen, doch wird diese italienische Leidenschaft für die Virtuosität mit französischer Formstrenge und Klangfarbenvielfalt konterkariert, so dass etwas charmantes Eigenes entsteht. Ganz Europa soll Leclairs Kompositionen einst zu Füßen gelegen haben. Wenn man diese vier Violinkonzerte hört, mag man das gerne glauben.

Sendung: "Leporello" am 14. Juni 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK