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CD - "Les Mystères d’Isis" Mozarts "Zauberflöte" einmal anders!

Opernfreunde kennen die Situation, mit Ersteinspielungen von Raritäten konfrontiert zu werden. Wenn sich hinter einem unbekannten bzw. vergessenen Werktitel aber Musik verbirgt, die man sehr wohl kennt, wird es ärgerlich. Oder vergnüglich! Ein solcher Fall sind "Les Mystères d’Isis": eine französische Adaption von Mozarts "Zauberflöte", die 1801 in Paris herauskam - die Oper eines gewissen Ludwig Wenzel Lachnith! Genau zehn Jahre nach der Wiener Uraufführung des Originals!

CD-Cover: "Les Mystères d’Isis" | Bildquelle: Glossa

Bildquelle: Glossa

CD-Tipp 04.02.2016

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Jedes Kind weiß, wie die "Zauberflöte” geht. Warum steht dann hier aber ein völlig anderer Werktitel auf dem Cover der CD: "Les Mystères d’Isis"? Die Schuld trägt Napoleon Bonaparte. Seine Ägyptenfeldzüge haben die Franzosen derart begeistert, dass man sich als Theaterintendant Erfolg versprach von einer Oper, die den Namen der ägyptischen Göttin Isis im Titel trägt. Zu ihr und Osiris beten Priester eines gewissen Sarastro. Der Prager Musiker Ludwig Wenzel Lachnith hat die "Zauberflöte" für ihre Pariser Erstaufführung ins Französische übertragen lassen.

Geänderte Handlung

Ludwig Wenzel Lachnith hat die "Zauberflöte" nicht etwa Wort für Wort ins Französische übertragen lassen, sondern sich mit seinem Librettisten einige Freiheiten herausgenommen. Er hat Chöre ergänzt - und Rezitative nachkomponiert, um die originalen Dialoge zu ersetzen. Die Namen mehrerer Bühnenfiguren änderten sich - und auch der Handlungsgang. Ein Bassist lässt hier als erster seine Stimme erschallen – auch wenn er in der originalen "Zauberflöte"  erst viel später an der Reihe ist. Die Hilfe-Rufe Taminos, mit denen Mozart die Oper eröffnet, kommen hier erst nach über einer Viertelstunde: aus dem Mund eines gewissen Isménor!

Sammlung von Evergreens

Wie ungewohnt: das Französische statt des Deutschen, bei derart vertrauten Tonfolgen! Amüsant wird es, wenn man feststellt, dass Ludwig Wenzel Lachnith in seine Version der "Zauberflöte" auch Evergreens aus anderen Mozart-Opern übernommen hat: nach Art eines Pasticcio! Die Champagnerarie Don Giovannis etwa bezieht diesmal Frauen ein, und aus der ursprünglichen Arie wird ein Terzett:

Nichts für Puristen

Dass Lachnith für Mozart Werbung machen wollte, merkt man daran, dass er einiges fort ließ, was an der "Zauberflöte" fragwürdig ist, anderes hingegen auswalzte, an dessen Effekt kein Zweifel besteht. Da wäre etwa das magische Glockenspiel, mit dem Papageno Monostatos in Schach hält: Im Original ist es doch sehr knapp geraten! Insofern haben wir hier punktuell sogar eine Optimierung, eine Perfektionierung der Vorlage vor uns. Auch wenn Puristen natürlich die Nase rümpfen werden.

Vergnügen für den Kenner

Es ist ein 120minütiges Vergnügen für den Kenner, was da vom Label Glossa mitgeschnitten wurde - konzertante Aufführungen in der Pariser Salle Pleyel im November 2013, seit kurzem auch auf dem deutschen Markt verfügbar. Als Erinnerung an den einstigen Publikumserfolg, der Mozart in Paris posthum durchsetzte. Und die beteiligten Sänger? Sie alle sehen sich durch den Dirigenten Diego Fasolis zu respektvollem Umgang mit dem Überpopulären veranlasst – auch mit dessen Korrekturen. Das Ensemble Le Concert Spirituel und der Flämische Rundfunkchor verbringen die Wegstrecke bis zum Happy End mit tendenziell grinsendem Gesichtsausdruck.

Ludwig Wenzel Lachnith/Wolfgang Amadeus Mozart: "Les Mystères d’Isis"

Chantal Santon-Jeffery (Sopran, Pamina)
Marie Lenormand (Mezzosopran, Mona)
Renata Pokupic (Mezzosopran, Myrrène)
Sébastien Droy (Tenor, Isménor)
Tassis Christoyannis (Bariton, Bochoris)
Jean Teitgen (Bass, Zarastro) u.a.
Flemish Radio Choir
Le Concert Spirituel
Leitung: Diego Fasolis
Label: Glossa / Palazzetto Bru Zane

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