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CD - Witold Lutosławski Sämtliche Klavierwerke

Metrisch verzwickt, ein bisschen herb im Tonfall und in sich kreisend der kontrapunktische Dialog von Witold Lutosławskis "Invention". Lutosławski, einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, hat die Miniatur 1968 als kleines Albumblatt geschrieben. Unter den überlieferten Solo-Klavierwerken aus seiner Feder ist es damit das jüngste.

CD-Cover: Witold Lutosławski - Sämtliche Klavierwerke | Bildquelle: CAvi Music

Bildquelle: CAvi Music

CD-Tipp 01.04.2016

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Alle anderen Stücke, welche die renommierte Berliner Pianistin Corinna Simon auf ihrer neuen CD eingespielt hat, wurden vor 1953 komponiert. Sie entstammen also dem Frühschaffen des großen Polen, der ja später vor allem für seine klangglühende, mit aleatorischen Texturen operierende Orchester- und Vokalmusik berühmt geworden ist. 1940/41 – zur selben Zeit wie seine weltweit gefeierten "Paganini-Variationen" für zwei Klaviere, die jedes Duo, das etwas auf sich hält, im Repertoire hat, komponierte Lutosławski, Landsmann Chopins, zwei rhythmisch prägnante Konzertetüden.

Einflüsse Debussys und Ravels im Frühwerk

Lutosławski war selbst ein hervorragender Pianist. Während des zweiten Weltkriegs und der Zeit der deutschen Okkupation spielte er in Kaffeehäusern und vor privaten Zirkeln um sich den Lebensunterhalt zu verdienen. Leider wurden viele seiner Kompositionen 1944 beim Warschauer Aufstand ein Raub der Flammen. Zum Glück aber nicht die zehn Jahre zuvor noch während des Studiums entstandene, großformatige Klaviersonate. Hier kann man – neben den Einflüssen Debussys und Ravels oder der Musik eines Karol Szymanowski – bereits ein ausgeprägt eigenes Gespür für das Utopische im Entwicklungspotenzial klanglicher Prozesse erahnen.

Vitale Pianistik und viel Klangsensibilität

Es ist ein großes Verdienst von Corinna Simons, das hierzulande wenig beachtete frühe Klavierschaffen Witold Lutosławskis mit vitaler Pianistik und viel Klangsensibilität aus seinem Dornröschenschlaf geweckt und ins rechte Licht gerückt zu haben. Vielleicht gilt dies ja am meisten für die bezaubernden Stücke der volksmusikalisch beeinflussten Zyklen "Melodie ludowe" (1945), "Bukoliki" (1952) und "Stücke für die Jugend" (1953). Mit sparsamsten Mitteln und zugleich subtilem Raffinement entfaltet Lutosławski hier charakterstarke Wirkungen. Man wünschte sich, dass diese Miniaturen für den Klavierunterricht entdeckt und – über alle pädagogischen Aspekte hinaus – in ihrer künstlerischen Integrität wahrgenommen würden.

Witold Lutosławski: Sämtliche Werke für Klavier solo

Corinna Simon (Klavier)
Label: CAvi Music

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