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CD - "Das klagende Lied" Gustav Mahlers spannendes Jugendwerk

Im nächsten Sommer beginnt an der Stuttgarter Staatsoper eine neue Ära: Viktor Schoner übernimmt die Intendanz von Jossi Wieler, Nachfolger von Generalmusikdirektor Sylvain Cambreling wird der 1980 in Hannover geborene Cornelius Meister. Bis dahin bleibt Meister, der mittlerweile an den wichtigsten Opernhäusern gastiert, noch Chefdirigent des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien. Mit seinem Orchester hat Meister 2016 im Wiener Konzerthaus Gustav Mahlers Jugendwerk "Das klagende Lied" aufgeführt.

CD-Cover Gustav Mahler: "Das klagende Lied" | Bildquelle: Capriccio

Bildquelle: Capriccio

Der CD-Tipp zum Anhören

Unheil kündigt sich an zu Beginn des "Klagenden Liedes" von Gustav Mahler. Und der 20-jährige Komponist findet da schon ganz zu sich und seinem aufwühlenden Personalstil - Mahler akzeptierte seine dreiteilige Kantate von 1880 denn auch als sein Opus 1. Cornelius Meister verbindet in seiner facettenreichen Interpretation dramatischen Zugriff mit dem liedhaften Ton Mahlers, der sich hier bereits ankündigt.

Ein singender Knochen

Auch dank so renommierter Solisten wie dem Bariton Adrian Eröd zieht Mahlers Schauerballade in ihren Bann. Den Text zu seiner Kantate hatte sich Mahler nach dem makabren Märchen vom "singenden Knochen" in gereimter Strophenform selbst zusammengestellt. Das mittelalterliche Sujet kreist um einen Brudermord, der durch das "klagende Lied" einer Flöte aufgedeckt wird - ein Spielmann hat sie aus einem Knochen des Opfers geschnitzt.

Magischer Moment

Geschickt hat Mahler den Text in seiner frühen Talentprobe auf die Gesangspartien verteilt und mit dem Orchester verwoben: Die Solisten erzählen die Geschichte, der Chor kommentiert. Den magischen Moment, wenn die Stimme der Flöte den Mörder entlarvt, vertraute Mahler einem Knabenalt an.

Fatale Hochzeit

Der Chor spielt eine wesentliche Rolle in diesem Schauerstück - vor allem im dritten Teil, wenn die fatale Hochzeit des frevlerischen Bruders mit der stolzen Königin gefeiert wird, um die beide Brüder geworben hatten. Die Wiener Singakademie bringt sich machtvoll ein, und Meister hat den riesigen Apparat bis zur Schlusskatastrophe sicher im Griff.

Experimente mit dem Raumklang

Meister arbeitet mit dem zuverlässigen ORF Radio-Symphonieorchester Wien all die Neuerungen Mahlers heraus, die schon im "Klagenden Lied" angelegt sind: seinen Sinn für Klangfarbe und Instrumentation, seine Experimente mit dem Raumklang, seine radikal subjektive Weltsicht. In den Vor- und Zwischenspielen setzt Meister auf kammermusikalische Transparenz, bis zum finalen Schockmoment hält er die Spannung. Cornelius Meister und seine engagierten Mitstreiter machen uns mit Mahlers Wurzeln bekannt - zur Nachahmung dringend empfohlen!

Gustav Mahler: "Das klagende Lied"

Kantate in drei Teilen für Soli, Chor und Orchester
(1. Teil in der Urfassung von 1880, 2. und 3. Teil in der revidierten Version von 1899)

Simone Schneider (Sopran)
Tanja Ariane Baumgartner (Mezzosopran)
Torsten Kerl (Tenor)
Adrian Eröd (Bariton)
Oskar Stadler und Laurenz Ströbl (Knabenalt)
Wiener Singakademie
Einstudierung: Heinz Ferlesch
ORF Radio-Symphonieorchester Wien
Leitung: Cornelius Meister

Label: Capriccio

Sendung: "Leporello" am 22. November 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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