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CD - Maximillian Hornung spielt Cellokonzerte von 1966

Mitten im Kalten Krieg, im Jahr 1966, entstanden in der Sowjetunion fast zeitgleich zwei Cellokonzerte, die sich für Maximilian Hornung wie Licht und Schatten ergänzen: Das eine ist das bekannte, für Mstislav Rostropowitsch komponierte Zweite Konzert von Dmitri Schostakowitsch; das andere ist eine Entdeckung …

CD-Cover: Maximillian Hornung - Cellokonzerte von 1966 | Bildquelle: Myrios Classics

Bildquelle: Myrios Classics

Der CD Tipp zum Anhören

Ein nachdenklicher Monolog des Solocellos exponiert das Leitmotiv des Konzerts, das formal unkonventionell aus fünf kontrastierenden Episoden besteht. Der 1991 verstorbene Sulkhan Tsintsadze war einer der bedeutendsten Komponisten Georgiens; im Gegensatz zu seinem 20 Jahre älteren russischen Kollegen Schostakowitsch wurde Tsintsadzes umfangreiches Schaffen außerhalb der Sowjetunion kaum wahrgenommen. Das Zweite Cellokonzert brachte 1966 sein Landsmann Eldar Issakadze zur Uraufführung, der viele Jahrzehnte später seinen Schüler Maximilian Hornung dafür begeistern konnte – anhand seines persönlichen Klavierauszugs, denn das Werk war nie verlegt worden. Bis es nun mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter Andris Poga zur brillanten Ersteinspielung auf CD kommen konnte, musste Hornung erst mühsame Quellenforschung betreiben. Doch die Arbeit hat sich gelohnt.

Vertrackte Virtuosität und enorme Ausdrucksbreite

Sulchan Tsintsadze war selbst ein hervorragender Cellist und traute seinem Instrument neben vertrackter Virtuosität eine enorme Ausdrucksbreite zu. Äußerlich scheint sich Tsintsadze mit dem sowjetischen Kulturapparat arrangiert zu haben – immerhin war er Konservatoriumsdirektor in Tiflis und Generalsekretär des georgischen Komponistenverbands. Auch die folkloristischen Einschläge in seinem Schaffen mögen ein Zugeständnis an den Sozialistischen Realismus sein. Heroisches Pathos oder Propaganda-Optimismus sucht man jedoch vergebens - zumindest in seinem tiefgründigen Zweiten Cellokonzert.   

Klangfarbenreich und ausdrucksvoll

Dramatische Stimmungswechsel prägen die fünf Episoden um eine zentrale Solokadenz: Entrückter Stillstand, brutale rhythmische Akzente, melancholische Kantilenen, temperamentvoller Volkstanz. Und wenn eine seltsam künstlich wirkende Fuge von einer vehementen Orchesterklage übertönt wird, hört es sich an wie das Versagen der offiziell-traditionalistischen Sowjet-Ästhetik vor einer tragischen Gegenwart. Vielleicht drängt sich eine solche Deutung aber auch nur wegen der Nachbarschaft mit dem anderen Werk des Albums auf: dem Cellokonzert Nr. 2 von Schostakowitsch, dem man in jedem Takt derartige Doppelbödigkeiten zutraut. Tsintsadze formuliert nicht so sarkastisch-illusionslos wie der späte Schostakowitsch, dennoch bedienen sich die beiden Cellokonzerte des Jahres 1966 durchaus eines ähnlichen Vokabulars. Und Tsintsadzes Werk braucht den Vergleich nicht zu scheuen: Es ist ein zyklisch gedachtes, thematisch kohärentes, ungemein klangfarbenreiches und ausdrucksvolles Werk, dem die leidenschaftliche Interpretation Maximilian Hornungs hoffentlich ein Comeback in den Konzertsaal ermöglicht.

Cellokonzerte von 1966

Sulkhan Tsintsadze:
Konzert Nr. 2 in Fünf Episoden
Dmitri Schostakowitsch:
Konzert Nr. 2 op. 126

Maximilian Hornung (Violoncello)
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Andris Poga

Label: Myrios Classics

Sendung: "Leporello" am 20. November 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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