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CD - Michael Wollny Trio "Wartburg" & "Oslo"

"Make a wish" – so heißt das letzte, zart kammermusikalische Stück auf der CD mit Aufnahmen aus einem Konzert, das Michael Wollnys Trio und sein Gast, der Sopransaxophonist Emile Parisien, letztes Jahr im Rittersaal der Wartburg bei Eisenach gegeben haben. Formale Strenge und romantischer Gestus verbinden sich in dieser Komposition des Pianisten und Bandleaders. Und weil Michael Wollny mit ihr auch eine zweite CD namens "Oslo" beginnen lässt, wirkt das Stück wie ein Bindeglied zwischen den beiden Produktionen, die unabhängig voneinander entstanden und am selben Tag erschienen sind.

CD-Cover Michael Wollny Trio: "Wartburg" | Bildquelle: ACT

Bildquelle: ACT

Der CD-Tipp zum Anhören

Im Studio hat das Michael Wollny Trio mit dem Norwegian Wind Ensemble aufgenommen. Es ist das dienstälteste und gleichzeitig modernste - weil gerne und gekonnt auch im Kollektiv improvisierende - Blasorchester in Norwegen. Die Version von "Make a wish" mit ihm klingt fast wie ein orchestraler Opernprolog.

Grooves, Blues, Debussy

Ein verheißungsvoller Anfang, und man freut sich auf ein Album prallvoll mit solchen Klängen. Doch schon im zweiten Stück spielt das Klaviertrio wieder alleine. Und bald wird klar, dass auf diesem Album in erster Linie neue Kompositionen für dieses Kernformat vorgestellt werden, denn zehn von dreizehn Stücken bestreitet Wollny ausschließlich gemeinsam mit Bassist Christian Weber und Schlagzeuger Eric Schaefer. Griffige Grooves und fast schon bluesige Themen dominieren das Geschehen und werden konterkariert durch klassische Zitate, wie etwa ein Andantino von Gabriel Fauré oder eine Adaption der "Nuits blanches" von Claude Debussy.

Epilog im Großformat

CD-Cover Michael Wollny Trio: "Oslo" | Bildquelle: ACT Michael Wollny Trio: "Oslo" | Bildquelle: ACT Die versponnenen Klanggebilde und mysteriösen Atmosphären, aber auch die Brüche, für die Wollnys Stil bekannt ist, tauchen dabei nur am Rande auf. Es ist ein im besten Sinne und auf hohem Niveau eingängiges Album. Erst im achten Stück setzt das Trio zusammen mit dem Norwegian Wind Ensemble eine fast schon meditative Klangzäsur und korrespondiert darin mit den vielstimmigen, improvisierten Akkordschichtungen des gemischten Bläserensembles. So entsteht drei Minuten lang eine vollkommen andere Atmosphäre – als sei ein Raumschiff gelandet. Nach vier weiteren Triostücken folgt dann als regelrechtes Klang-Laboratorium der elfminütige Epilog im Großformat. Den jeweiligen Anfangsakkord der ersten zehn Lieder aus Franz Schuberts "Winterreise" lässt Michael Wollny das Orchester hier mit überwältigendem Effekt übereinander legen.

Weit oben in der Qualitätsskala

Man hätte sich durchaus mehr in der Art dieser Komposition auf dem Album "Oslo" vorstellen können und auch mehr von Saxophonist Emile Parisien auf dem Album "Wartburg". Erst beim achten von elf Stücken taucht der virtuose Spieler mit dem mitunter flötenhaft feinen Ton zum ersten Mal im Konzert-Mitschnitt auf. Auch hier wären der Austausch und die Verschmelzung mit dem hochkarätigen Klaviertrio sicher für etliche höchst überraschende Momente gut gewesen. Der Sinn der Stippvisiten erschließt sich nicht so recht beim Durchhören, auch weil sie zum Teil vom in Richtung Mainstream zeigenden Konzept der Alben losgelöst scheinen. Das große "W" auf dem Cover der einen, das große "O" auf dem der anderen CD, ergeben nebeneinander gelegt zwar noch keine Frage, aber den Gedanken, dass man hier vor allen Dingen hören kann, wo das Michael Wollny und sein Trio derzeit stehen. Und das ist nach wie vor sehr weit oben in der Qualitätsskala im großen Feld der Klaviertrios weltweit.

Michael Wollny Trio: "Wartburg" & "Oslo"

Michael Wollny (Klavier)
Christian Weber (Bass)
Eric Schaefer (Schlagzeug)

Emile Parisien (Sopransaxofon) - auf "Wartburg"
Norwegian Wind Ensemble - auf "Oslo"

Label: ACT

Sendung: "Leporello" am 3. April 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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