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CD - "Mignons Sehnen" Lieder von Hans Sommer

"Kennst Du das Land, wo die Zitronen blühn?", singt Mignon in Goethes Roman "Wilhelm Meister"; Italiensehnsucht in Versen, die bis heute zu den meistvertonten aus der Feder des Dichterfürsten zählen. Schubert, Schumann, Liszt und Beethoven setzten Mignons Lied in Musik, aber auch ein heute längst vergessener Komponist: der 1837 in Braunschweig geborene Hans Sommer.

CD-Cover: "Mignons Sehnen" - Lieder von Hans Sommer | Bildquelle: SoloMusica

Bildquelle: SoloMusica

Der CD Tipp zum Anhören

Eigentlich war er Wissenschaftler, revolutionierte die Linsensysteme von Kameraobjektiven und leitete die Technische Hochschule in Braunschweig. Erst Mitte 40 entschied sich Hans Sommer für seine heimliche Leidenschaft: die Musik. Dann aber richtig: Er schrieb Orchesterwerke, Kammermusik, zehn Opern – von denen Richard Strauss zwei zur Aufführung brachte – und Hunderte von Liedern. Die Sappho-Lieder op. 6 legte er in Weimar Franz Liszt vor; der meinte dazu, sie seien "freilich sehr dramatisch gehalten, aber mit Verstand und Geschmack. Fahren Sie nur so fort!"

Rustikaler Spott und melancholische Nachdenklichkeit

Der bisweilen stark ausgeprägte dramatisch-deklamatorische Zug und der oft selbständig geführte Klavierpart rühren wohl daher, dass Sommer ein glühender Wagnerianer war. Stilistisch steht sein einst viel gesungenes Liedschaffen vermittelnd zwischen Liszt und Schumann sowie der nachfolgenden Generation mit Strauss und Wolf. Stimmungen blühen in wenigen Takten auf und können jederzeit in ihr Gegenteil umschlagen. So schwankt die Gottfried Keller-Vertonung über ein trunkenes Köhlerweib zwischen rustikalem Spott und melancholischer Nachdenklichkeit.

Schlicht-berührende Interpretation

Vergänglich war auch Hans Sommers Ruhm: Ein Großteil seiner Werke verschwand mit der Auflösung des Verlags Litolff Mitte des letzten Jahrhunderts von der Bildfläche. Jetzt erklingen seine Lieder wieder – im klaren Mezzosopran Constance Hellers, deren schlicht-berührende Interpretation ohne jeden Opernaffekt auskommt; wahrscheinlich weil sie in Gerold Huber am Klavier einen so phänomenal beredten Miterzähler gefunden hat.

"Mignons Sehnen"

Hans Sommer:
Sapphos Gesänge op. 6
Gedichte von Gottfried Keller op. 16
Lorelei op. 7
und andere Lieder

Constance Heller (Mezzosopran)
Gerold Huber (Klavier)

Label: SoloMusica

Sendung: "Leporello" am 25. April 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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