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CD - "Brahms Tzigane" Ensemble Musique Simili

Die Musikerinnen und Musiker der Schweizer Gruppe "Musique Simili" bezeichnen sich selbst als "Fahrende" durch das Reich der Musik. Kaum eine Gattung ist vor ihnen sicher, schon gar nicht die Klassik. Jetzt hat das vier- bzw. fünfköpfige Ensemble um die Geigerin Juliette Du Pasquier und den Akkordeonisten Marc Hänsenberger ein neues "musikalisches Opfer" entdeckt: Johannes Brahms.

CD-Cover: "Brahms Tzigane" – ein dichter Liederzyklus | Bildquelle: Edition Simili

Bildquelle: Edition Simili

CD-Tipp 26.04.2016

Der CD-Tipp zum Nachhören!

Beispiel "Feinsliebchen": Die Vorlage selbst war bereits Volksgut, ehe Johannes Brahms sie in die Finger bekam und zum Kunstlied veredelte. Aber so groß Brahms’ Faible für das Sammeln von Volksliedern auch war: Mindestens ebenso groß war seine Leidenschaft für das zigeunerische Element. Nicht in Konservatorien begann seine musikalische Biografie, sondern in Hamburger Hafenkneipen und Unterhaltungslokalen, wo der eigene Vater zum Tanz aufspielte. Genau hierauf hebt die neue CD von "Musique Simile" ab – eine CD, deren Inhalt zugleich ihr aktuelles Bühnenprogramm bestimmt.

Musikalische Re-Naturierung

Auch "Der Gang zum Liebchen", ursprünglich ein böhmisches Volkslied und von Brahms zum Kunstlied für Singstimme und Klavier geformt, erlebt hier eine Art Re-Naturierung. Das Ganze basierend auf der Erkenntnis, dass sich echte Zigeunermusik schon immer fremder Quellen bedient und daraus Eigenes, höchst Vitales gezeugt hat.  Am sinnfälligsten freilich sind solche Adaptionen, die sich auf veritable Zigeuner-Thematik stützen, wie etwa das "He, Zigeuner!" aus den "Zigeunerliedern" op.103. Als vokale Gegenstücke zu seinen "Ungarischen Tänzen" schrieb Brahms diese Zigeunerlieder eigentlich zum hausmusikalischen Gebrauch als Gesangsquartette mit Klavierbegleitung. Unter den Händen von "Musique Simili" wird daraus eine mitreißende, balkaneske Nummer, gewürzt mit entsprechend gekonnten improvisatorischen Einlagen und jederzeit geeignet, einen ganzen Saal mitzureißen. Aber auch verhaltenere Stücke sind auf dieser CD zu finden, wie das aus den "16 Deutschen Volksliedern" entlehnte Lied "Schwesterlein", das hier von einem melodisch verwandten Sinti-Walzer umrahmt wird.

Brahms an frischer Luft

Während sich die erste Hälfte dieser CD der Rückführung Brahms’scher Volks- und Kunstlied-Vertonungen widmet, präsentieren "Musique Simili" im 2. Teil Eigenkompositionen des Akkordeonisten Marc Hänsenberger. Der für mich persönlich überzeugendere Teil ist zweifellos derjenige, in dem der "Klassiker" Johannes Brahms herausgeholt wird aus der guten Stube des Bildungsbürgertums an die frische, rustikale Luft. Hier gilt vor allem das Gesetz der Inspiration und musikalischen Spontaneität. Von Beidem besitzt dieses Ensemble reichlich. Oder, um es mit den Worten des legendären ungarischen Geigers Eduard Reményi zu sagen, mit dem Brahms befreundet war: "Werde ich haite Kraitzer-Sonate spielen, dass sich Haare fliegen."

"Brahms Tzigane" – ein dichter Liederzyklus

Musik von Johannes Brahms und Marc Hänsenberger

Musique Simili:
Aline Du Pasquier (Sopran)
Juliette Du Pasquier (Violine und Kontrabass)
Claudio Puntin (Klarinetten)
Andrea Panitz (Gitarre)
Marc Hänsenberger (Akkordeon, Klavier)

Label: Edition Simili (Direktvertrieb über www.simili.ch)

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